Bundesfinanzhof Pressemitteilung Nr. 20
vom 26.07.2001
Gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen § 1 Abs. 1 AstG
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es in einem vorläufigen Verfahren für
ernstlich zweifelhaft, ob die Einkünftekorrektur gemäß § 1 Abs. 1 des
Außensteuergesetzes (AstG) mit dem Diskriminierungsverbot des
EU-Vertrages zu vereinbaren ist (Beschluss vom 21. Juni 2001 I B
141/00). Zu einer solchen Korrektur kommt es zum Nachteil des
Steuerpflichtigen, wenn dieser Einkünfte aus Geschäftsbeziehungen mit
einer ihm nahestehenden Person bezieht und wenn im Rahmen solcher
Geschäftsbeziehungen zum Ausland andere Bedingungen vereinbart worden
sind, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder
ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten.
Im konkreten Fall ging es um einen französischen Staatsangehörigen, der
in Deutschland einen Gewerbebetrieb unterhielt und im Rahmen dieses
Betriebs Waren zum Einkaufspreis an Personengesellschaften in Frankreich
und Martinique lieferte, an denen er maßgeblich beteiligt war. Das
Finanzamt beanstandete die Angemessenheit der verrechneten Preise und
erhöhte die erklärten gewerblichen Einkünfte gemäß § 1 Abs. 1 AstG um
die unter fremden Dritten üblichen Gewinnaufschläge. Über die Einsprüche
gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide ist noch nicht
entschieden.
Den Antrag des Steuerpflichtigen, die Vollziehung der angefochtenen
Steuerbescheide auszusetzen, lehnte das Finanzgericht ab. Der BFH hat
der Beschwerde des Steuerpflichtigen entsprochen.
Er hat im Rahmen der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen
Prüfung ernstliche Zweifel, ob die gemäß § 1 Abs. 1 AstG vorzunehmende
Gewinnkorrektur mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Derjenige
Steuerpflichtige, der Geschäfte mit einem nahestehenden Geschäftspartner
in einem anderen EU-Mitgliedsstaat tätige, werde steuerlich ungünstiger
behandelt als ein solcher Steuerpflichtiger, der entsprechende Geschäfte
im Inland betreibe. Denn dem einen werde ein fiktives Entgelt als
Gewinnaufschlag hinzugerechnet, dem anderen hingegen nicht. Zwar
entfalle bei einem rein innerstaatlichen Vorgang zugleich eine
entsprechende Gewinnminderung auf Seiten des nahe stehenden
Geschäftspartners, die fehlende Gewinnerhöhung bei dem leistenden
Steuerpflichtigen und die fehlende Gewinnminderung beim
Leistungsempfänger glichen sich hier also aus. Es sei jedoch ernstlich
zu bezweifeln ,ob mit einer solchen Gesamtwürdigung die abweichende
Behandlung von Auslandssachverhalten gerechtfertigt werden könne. Die
Antwort hierauf müsse aber dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben.
Entscheidung vom 21.06.2001 - I B 141/00
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