Eule
Juristisches Internetprojekt Saarbrücken

(http://www.jura.uni-sb.de)

VGH Baden-Württemberg
Pressemitteilung Nr. 15/2001
vom 06.04.2001




Planung für Neubau der B 28 Rottenburg - Tübingen rechtmäßig Klagen vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen
Diese Entscheidung traf der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (VGH) in seinen heute in Mannheim bekannt gegebenen Urteilen. Alle Kläger, die Stadt Rottenburg, der Zweckverband Ammertal-Schönbuchgruppe ebenso wie private Betroffene blieben damit ohne Erfolg. Der Senat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Prof. Dr. Jörg Schmidt hatte gestern in der Sülchengau-Halle in Rottenburg-Kiebingen vor sehr vielen interessierten und sehr aufmerksamen Zuhörern in drei Verfahren eine Verhandlung durchgeführt. Im Streit war der Planfeststellungsbeschluß des Regierungspräsidiums Tübingen für ein Teilstück der von Straßburg nach Ulm führenden Bundesstraße 28 zwischen Rottenburg und Tübingen, nämlich eine knapp 8 km lange Strecke entlang der Neckartalbahnlinie, die den Autofahrern aus dem Raum Tübingern/Reutlingen als Zubringer zur Autobahn A 81 dienen und den Durchgangsverkehr aus den bisher stark belasteten Ortsteilen Rottenburg-Kiebingen und Tübingen-Bühl herausnehmen soll. Die Planung geht auf einen alten Wunsch der im Neckartal gelegenen Gemeinden zurück, die eine "Bahnbündelungstrasse" schon in den 50-er Jahren gefordert hatten aber als Landesstraße, nicht als Bundesstraße. Die Stadt Rottenburg hat in den 80-er Jahren eine Ostumgehung gebaut, die nicht nur ihr innerstädtisches Straßensystem entlasten, sondern auch den Verkehr zur Autobahn aufnehmen soll. Diese "Osttangente" will nun die neue Bundesstraße nutzen, deren Plan das Regierungspräsidium Tübingen in einem aufwendigen Verfahren nach sieben Jahren Planungszeit am 10.12.1999 festgestellt hat. Sie soll ab dem Knoten "Rottenburg Ost" das neu zu bauende Bundesstraßenstück mit der bereits in den frühen 80-er Jahren angelegten B 28 a verbinden, die von der Anschlussstelle Rottenburg der Autobahn A 81 nach Osten führt, aber südöstlich von Rottenburg-Seebronn endet und in die Landesstraße 361 übergeht, die wiederum über die besagte "Osttangente" verläuft. Die Stadt Rottenburg wollte die Mitbenutzung "ihrer" Osttangente als Teilstrecke einer Bundesstraße nicht hinnehmen, obwohl diese Entlastungsstrecke inzwischen zur Landesstraße aufgestuft wurde. Sie befürchtet, dass die Ausweisung als Bundesstraße zusätzlichen Verkehr in einem Maße anlocken werde, dass Ortskundige sich veranlasst sähen, auf "Schleichwege" durch die Rottenburger Innenstadt auszuweichen. Ihr Konzept, die City vom Kfz-Verkehr zu entlasten, sieht die Stadt damit zunichte gemacht. Sie hat deshalb den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 10.12.1999 mit der Begründung angefochten, ihre Belange als mit Planungshoheit ausgestattete Gemeinde und als Eigentümerin von Grundstücken, die für das Straßenbauvorhaben in Anspruch genommen werden sollen, seien unverhältnismäßig zurückgesetzt worden. Dem ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt. Er hat bereits Zweifel, ob ein Eingriff in die kommunale Planungshoheit vorliegt, gesteht der Stadt aber zu, dass ihre Stellung als Grundstückseigen- tümerin ihr die erforderliche Klagebefugnis verleihe. Das Urteil geht sodann in Übereinstimmung mit dem von der Straßenbau- verwaltung eingeschalteten Verkehrsgutachter davon aus, dass durch den Neubau der Strecke parallel zur Bahn und die Herausnahme des Verkehrs aus den bisher außergewöhnlich stark unter Durchgangsverkehr leidenden Ortsteilen keine erhebliche Zusatzbelastung der Rottenburger Innenstadt eintreten werde. Die unter Einschluss der "Osttangente" geplante zweibahnige neue Bundesstraße werde zwar in Teilen nur wenig von ihrer Belastungsgrenze entfernt bleiben, aber zu keinen die Interessen der Stadt Rottenburg unzumutbar beeinträchtigenden Rückverlagerungseffekten führen (Verfahren 8 S 355/00 ). Wenig Verständnis hatte das Gericht im zweiten Verfahren (- 8 S 277/00 -) für die Klage eines Wasserversorgungszweckverbandes, der in ausführlichen Schriftsätzen die Befürchtung geäußert hatte, die infolge des über die "Osttangente" laufenden Bundesstraßenverkehrs erhöhte Gefahr eines Schadstoffeintrags könne seine ostwärts Rottenburgs gelegenen Brunnen unbrauchbar machen. Denn aus den beigezogenen Unterlagen über die Planung dieser Straße folgt, dass schon damals (1983 und 1987) in den kritischen Bereichen die erforderlichen Vorkehrungen zum Grundwasserschutz vorgeschrieben wurden. Das Gericht lehnte es ab, in diesem Planfeststellungsverfahren sich nach Art eines Baumängelprozesses auf die von den Vertretern der Stadt Rottenburg energisch bestrittene Behauptung des Zweckverbandes einzulassen, tatsächlich seien diese Auflagen nur teilweise realisiert worden. Den breitesten Raum nahmen in der Verhandlung die Klagen von Rottenburger und Tübinger Bürger ein, die sich als Eigentümer von in die Neubautrasse fallenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücken gegen die "Bahnbündelungstrasse" wandten und statt dessen die Verwirklichung einer nach Norden in Richtung Wurmlingen und Hirschau abgesetzten Trasse verlangten. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in diesem Zusammenhang eingehend mit allen auch von der Stadt Rottenburg vorgeschlagenen Trassenalternativen befasst und festgestellt, dass sie vor allem im Hinblick auf die Belange der Land- und Wasserwirtschaft sowie der Erhaltung der Erholungslandschaft nördlich des Neckars keinesfalls vorzugswürdig seien. Insbesondere die von den Klägern bevorzugte Variante einer sog. Mitteltrasse würde die bisher noch relativ störungsfreie Neckaraue südwestlich der Wurmlinger Kapelle in nicht hinnehmbarer Weise durchschneiden, zumal sie vierspurig ausgebaut werden müsste, soll ihr eine auch nur annähernd vergleichbare Wirkung in Ansehung der dringend notwendigen Entlastung der Ortsteile Kiebingen und Bühl zukommen (Verfahren8 S 397/00 ). Mit einer Zustellung der vollständigen Urteile ist noch in diesem Monat zu rechnen. Die Revision wurde in keinem der drei Verfahren zugelassen. Insoweit ist Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht möglich.

Zum ANFANG des Dokuments