BGH, Urt. v. 2.7.1987 - I ZR 232/85 [Topographische Landeskarten]
Amtliche Leitsätze:
a) Ein Vertrag, durch den die Vermessungsbehörde einem Verlag Nutzungsrechte an
topographischen Kartenwerken einräumt, ist auch dann privatrechtlicher Natur, wenn die gewerbliche Nutzung der
Kartenwerke durch Landesgesetz unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt ist.
b) Zur Urheberrechtsschutzfähigkeit von topographischen Landeskarten.
c) Bei topographischen Landeskarten handelt es sich regelmäßig
nicht um amtliche Werke im Sinne des § 5 Abs. 2 UrhG.
BGH 1. Zivilsenat Urteil vom 2. Juli 1987 I ZR
232/85
GVG § 13, VwGO § 40 Abs 1, UrhG § 2 Abs 1 Nr 7, UrhG § 2 Abs 2, UrhG § 5 Abs 2, VermG BW § 16
Topographische Landeskarten: Rechtsnatur des Vertrags über
Nutzungsrechtseinräumung; Urheberrechtsschutzfähigkeit; amtliches Werk -
Topographische Landeskarten
Leitsatz
Topographische Landeskarten
1. Ein Vertrag, durch den die Vermessungsbehörde einem Verlag Nutzungsrechte
an topographischen Kartenwerken einräumt, ist auch dann privatrechtlicher Natur,
wenn die gewerbliche Nutzung der Kartenwerke durch Landesgesetz unter einen
Erlaubnisvorbehalt gestellt ist.
2. Zur Urheberrechtsschutzfähigkeit von topographischen Landeskarten.
3. Bei topographischen Landeskarten handelt es sich regelmäßig nicht um
amtliche Werke im Sinne des UrhG § 5 Abs 2.
Tatbestand
Das Landesvermessungsamt des klagenden Landes stellt
topographische Landkarten verschiedener Maßstäbe her und gibt sie - zum
amtlichen Gebrauch und zum gewerblichen Vertrieb - heraus. Die Nutzung dieser
Karten für gewerbliche Zwecke gestattet das Landesvermessungsamt gegen Entgelt
und stützt sich dabei u.a. auf § 16 des baden-württembergischen
Vermessungsgesetzes vom 4. Juli 1961 (GBl S. 201), zuletzt geändert durch Gesetz
vom 4. Juli 1983 (GBl S. 265, 268), das die Benutzung von Auszügen, Abschriften
und Abzeichnungen von amtlichen Plänen und Karten nur mit Zustimmung der
Vermessungsbehörde zuläßt.
Die Beklagte ist ein kartographischer Verlag. Mehreren Wander- und
Radwanderkarten, die sie herstellt und vertreibt, liegen topographische Karten
des Landesvermessungsamtes zugrunde, mit dem sie teilweise Vereinbarungen über
die gewerbliche Verwertung getroffen hat. Das klagende Land verlangt
hinsichtlich einiger Karten Zahlung des vereinbarten Entgelts, hinsichtlich
anderer Karten begehrt es Auskunft über die Auflagenhöhe.
Für die Erstellung der Radwanderkarten des Main-Tauber-Kreises, des
Landkreises Biberach, des Hohenlohe-Kreises und des Landkreises Schwäbisch-Hall,
des Rems-Murr-Kreises sowie des Schwarzwald-Baar-Kreises bestellte die Beklagte
jeweils beim Landesvermessungsamt sogenannte "Sepia-M.-Folien seitenverkehrt"
von mehreren topographischen Landeskarten und bat gleichzeitig um die Erteilung
einer entsprechenden Druckgenehmigung. Das Landesvermessungsamt erteilte jeweils
sein Einverständnis unter näher aufgeführten Bedingungen, die die Beklagte durch
einen Vermerk auf einer Abschrift des jeweiligen Genehmigungsschreibens
ausdrücklich anerkannte. In den Bedingungen hieß es jeweils, daß auf den Karten
ein Genehmigungsvermerk anzubringen sei und daß das Nutzungsentgelt - ein
circa-Preis wurde bereits genannt - nach Auflagenhöhe und Kartenfläche berechnet
werde. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß sich die Genehmigung jeweils nur auf
das konkrete Projekt beziehe; für jede weitere Nutzung sei eine erneute
Genehmigung einzuholen.
Für die genannten Radwanderkarten (außer für diejenige des
Schwarzwald-Baar-Kreises) hat die Beklagte dem Landesvermessungsamt Auflagenhöhe
und Kartengröße mitgeteilt. Das Vermessungsamt hat hieraus ein Nutzungsentgelt
in Höhe von 48.870,-- DM errechnet, das das klagende Land - zuzüglich 8% Zinsen
- mit der Klage geltend macht (Klageantrag 1). Daneben beansprucht das Land
Auskunft über die Auflagenhöhe der Radwanderkarte Schwarzwald-Baar (Klageantrag
2a) sowie einer Reihe anderer Karten, die ohne Genehmigung des
Landesvermessungsamtes hergestellt worden sind. Dabei handelt es sich zum einen
um die 3. Auflage der Radwanderkarte Ludwigsburg (Klageantrag 2b), für deren
Vorauflagen das Landesvermessungsamt seine Zustimmung erteilt hatte, sowie zum
anderen um die 2. Auflage der Wanderkarte der Fremdenverkehrsgemeinschaft
Schwäbischer Wald (Klageantrag 2c), die Wanderkarten Vellberg und Michelfeld
(Klageantrag 2d), die Broschüre "Burgen - Täler - Stille Wälder" (Klageantrag
2e) und die 3. Auflage der Radwanderkarte Heilbronn (Klageantrag 2f).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung
vertreten, die ordentlichen Gerichte seien für die Klage nicht zuständig. Die in
Rede stehenden Karten des Landesvermessungsamtes genössen im übrigen keinen
Urheberrechtsschutz.
Das Landgericht hat die Klage, soweit sie auf urheberrechtliche Ansprüche
gestützt ist, als unbegründet und, soweit sie auf vertragliche oder
bereicherungsrechtliche Ansprüche gestützt ist, als unzulässig abgewiesen. Auf
die Berufung des klagenden Landes hat das Oberlandesgericht der Klage
hinsichtlich des Zahlungsantrags - unter Beschränkung des Zinsanspruches auf 4%
- sowie hinsichtlich der Auskunftsanträge 2a und 2b (Radwanderkarten
Schwarzwald-Baar und Ludwigsburg 3. Auflage) stattgegeben und die weitergehende
Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Revision der Beklagten, die
damit ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt, sowie die
Anschlußrevision des klagenden Landes, das sich gegen die Teilabweisung der
Klage wendet. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Dagegen hat die Anschlußrevision des klagenden Landes im wesentlichen Erfolg.
Sie führt, soweit die Klage hinsichtlich der Auskunftsanträge 2c bis f
abgewiesen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und in diesem Umfang
zur Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz.
I. Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten dagegen, daß das
Berufungsgericht im Streitfall von einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit
ausgegangen ist und daher den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG)
hinsichtlich aller - auch der vertraglichen - Klageansprüche bejaht hat.
1. Die Revision meint, für etwaige vertragliche Ansprüche des klagenden
Landes seien allein die Verwaltungsgerichte zuständig, da es sich bei den
Vereinbarungen über die gewerbliche Nutzung der Arbeitsergebnisse des
Landesvermessungsamtes um öffentlich-rechtliche Verträge handele (§ 40 Abs. 1
VwGO). Dies möchte die Revision daraus schließen, daß die Bearbeitung und
Herausgabe der topographischen Kartenwerke nach § 6 Nr. 3 des
baden-württembergischen Vermessungsgesetzes (VermG) zu den Amtsaufgaben der
Vermessungsbehörden zählen und daß nach § 16 VermG die gewerbliche Nutzung von
einer Erlaubnis der zuständigen Vermessungsbehörde abhängig ist, deren Erteilung
nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 VermG zum Gegenstand einer Rechtsverordnung des
Innenministeriums gemacht werden könnte. Dem kann nicht beigetreten werden.
2. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlichrechtlich ist, richtet
sich, wenn wie im Streitfall eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des
Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der
Klageanspruch hergeleitet wird (st. Rspr., Gemeinsamer Senat der obersten
Gerichtshöfe des Bundes, BGHZ 97, 312, 313f). Beruht die Streitigkeit auf einem
Vertrag, so kann allein aus dem damit verbundenen Gleichordnungsverhältnis der
Vertragsparteien noch nicht auf eine bürgerlich- rechtliche Streitigkeit
geschlossen werden; vielmehr ist auf die Rechtsnatur des Vertrages, das heißt
darauf abzustellen, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem
bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (Gemeinsamer Senat aaO S. 314). Die Natur der
im Streitfall zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen ist danach
bürgerlich-rechtlich.
a) Mit Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß sich die öffentliche
Hand - in Ermangelung einer besonderen öffentlich-rechtlichen Regelung - des
Privatrechts bedienen muß, wenn sie im geschäftlichen Verkehr Dienstleistungen
oder Waren anbieten möchte, und zwar unabhängig davon, ob mit dem Absatz der
Waren oder Leistungen eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge oder nur
fiskalische Interessen verfolgt werden sollen. Insofern verhält es sich bei dem
Absatz nicht anders als bei der Beschaffung von Waren oder Leistungen, für die
der öffentlichen Hand ebenfalls keine hoheitlichen Mittel zu Gebote stehen; auch
dort ist das Handeln der öffentlichen Hand nach den für jedermann geltenden
Bestimmungen des Privatrechts zu beurteilen (Gemeinsamer Senat aaO S. 316).
Im Streitfall ist Gegenstand der zwischen den Parteien geschlossenen
Vereinbarungen - neben der Lieferung der "Sepia-M.-Folien", die die Beklagte für
die Herstellung ihrer Karten benötigt - das Recht, die topographischen Karten
des Landesvermessungsamtes, das heißt die in diesen Karten eingeflossene
geistige Leistung, gewerblich zu nutzen. Dieser Gegenstand ist unabhängig davon,
ob im Einzelfall von einem Urheberrechtsschutz und der Einräumung von
Nutzungsrechten nach § 31 Abs. 1 und 2 UrhG ausgegangen werden kann,
privatrechtlich.
b) Dem privatrechtlichen Charakter der Verträge stehen die Regelungen des
baden-württembergischen Vermessungsgesetzes nicht entgegen.
Ob das Landesvermessungsamt mit der Einräumung von Nutzungsrechten eine
öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnimmt, ist im Hinblick darauf zweifelhaft, daß
zu den Vermessungsaufgaben nach § 6 VermG lediglich die Herausgabe und nicht die
Vermarktung der Kartenwerke zählt, kann jedoch dahinstehen, da sich die
öffentliche Hand bei der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben der
Daseinsvorsorge des Privatrechts bedienen kann und auch bedient (vgl. BVerwGE
39, 329, 332ff - Bestattungswesen; BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR
1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 26.5.1987 -
KZR 13/85 - Krankentransporte). Aus der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen
Aufgabe kann daher nicht ohne weiteres auf die Rechtsnatur der zwischen den
Parteien getroffenen Vereinbarungen geschlossen werden.
Auch die Regelung in § 16 VermG, der zufolge für die gewerbliche Nutzung des
topographischen Kartenwerks die Erlaubnis der Vermessungsbehörde erforderlich
ist, führt nicht dazu, daß die Vereinbarungen als öffentlich-rechtliche Verträge
anzusehen sind. Es ist bereits fraglich, ob der Erlaubnisvorbehalt nach § 16
VermG dem öffentlichen Recht zugeordnet werden kann. Zwar fehlt dem
Landesgesetzgeber für einen zivilrechtlichen Schutz der Kartenwerke die
Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 73 Nr. 9, Art. 71 GG), eine durch eine
öffentlich-rechtliche Zielsetzung bestimmte Funktion dieser Vorschrift ist aber
- anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht (NJW 1962, 2267, 2268)
entschiedenen Fall zum hessischen Katastergesetz - nicht ohne weiteres
ersichtlich. Auch fehlt es für Verstöße gegen die Genehmigungspflicht an einer
eigenständigen Sanktion, die zwar ursprünglich in der Bußgeldvorschrift des § 17
Abs. 1 VermG enthalten war, später aber (Gesetz v. 6. April 1970, GBl S. 111)
mit der Begründung gestrichen worden ist, ihr komme neben § 106 UrhG keine
eigenständige Bedeutung zu, sie sei daher aus Gründen der Rechtsklarheit
aufzuheben (Landtag von Baden-Württemberg Drucks. V/1065, S. 21). Im Streitfall
bedarf jedoch die Frage, welche Rechtsnatur das Zustimmungserfordernis nach § 16
VermG hat, keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn das
Landesvermessungsamt im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen auch eine
öffentlich-rechtliche Erlaubnis erteilt haben sollte, liegt der Schwerpunkt der
vertraglichen Regelung, der für die Frage des Rechtsweges maßgebend ist (BGHZ
56, 365, 373; 76, 16, 20f), gleichwohl in der bürgerlich-rechtlichen
Nutzungsrechtseinräumung sowie in der Vereinbarung einer hierfür zu zahlenden
Vergütung.
Schließlich läßt sich - entgegen der Auffassung der Revision - der
öffentlich-rechtliche Charakter der Vereinbarungen auch nicht daraus entnehmen,
daß nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 VermG durch Rechtsverordnung Vorschriften über die
Erlaubnis zur Benutzung amtlicher Pläne und Karten für gewerbliche Zwecke
erlassen werden können. Zum einen hat das Innenministerium von dieser
Ermächtigung bislang keinen Gebrauch gemacht; zum anderen vermag auch ein
öffentlich-rechtliches Verfahren für die Erteilung der Erlaubnis nach § 16 VermG
nichts daran zu ändern, daß die geschlossenen Verträge - wie dargelegt - ihr
Gepräge durch die Einräumung privatrechtlicher Nutzungsrechte gegen Zahlung von
Lizenzgebühren erhalten.
II. Auch in der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat aufgrund der geschlossenen Verträge den
Zahlungsanspruch sowie den Auskunftsanspruch hinsichtlich der Radwanderkarten
Schwarzwald-Baar und Ludwigsburg (3. Aufl.) bejaht und hierzu ausgeführt: Die
Beklagte habe sich - entsprechend der Übung in früheren Fällen - verpflichtet,
dem Landesvermessungsamt die Auflagenhöhe der jeweiligen Karten mitzuteilen und
sodann das vom Landesvermessungsamt anhand seiner allgemein angewandten Preise
errechnete Nutzungsentgelt zu zahlen. Diese Verträge seien nicht deshalb
unwirksam, weil die Karten - wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang
näher ausgeführt hat - gemeinfrei seien. Im einzelnen sei die Rechtslage
hinsichtlich des Urheberrechtsschutzes sowie der Erlaubnispflicht nach § 16
VermG zwar unklar gewesen; die Parteien hätten jedoch ohne Klärung der
schwierigen Rechtsfragen - ähnlich wie im Falle eines Vergleichs bei ungewisser
Rechtslage - gültige Vereinbarungen treffen wollen. Hinzu komme, daß die
Beklagte jeweils den Erwerb des Nutzungsrechts mit dem Erwerb der entsprechenden
"Sepia-M.-Folien", also der vom Landesvermessungsamt erarbeiteten
Arbeitsunterlagen, verbunden habe. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die
vereinbarte Vergütung zu zahlen.
Auch hinsichtlich der Radwanderkarte Schwarzwald-Baar sei bereits ein Vertrag
zustandegekommen, nach dem die Beklagte die Auflagenhöhe mitteilen
müsse.Entsprechendes gelte für die 3. Auflage der Radwanderkarte Ludwigsburg;
hier ergebe sich die Auskunftspflicht aus dem für die Vorauflagen geschlossenen
Vertrag.
2. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Die Revision meint, aus den Umständen, insbesondere aus der Vereinbarung
einer Lizenzvergütung, lasse sich entnehmen, daß die Vertragspartner bei
Vertragsschluß - nach Auffassung der Revision zu Unrecht - von der
Urheberrechtsschutzfähigkeit der topographischen Karten ausgegangen seien. Sie
verkennt dabei, daß vielfach eine geistige Leistung zum Gegenstand von
Lizenzvereinbarungen gemacht wird und dabei die Frage eines bestehenden
Immaterialgüterschutzes offengelassen wird. Die Annahme des Berufungsgerichts,
daß es sich auch im Streitfall so verhalte, ist daher nicht erfahrungswidrig.
Ebensowenig ist es zu beanstanden, daß das Berufungsgericht hinsichtlich der 3.
Auflage der Radwanderkarte Ludwigsburg aus der für die Vorauflagen geschlossenen
Vereinbarung, in der der Beklagten eine "Druckgenehmigung" nur für diese
Auflagen erteilt worden war, einen vertraglichen Auskunftsanspruch für die
ungenehmigte 3. Auflage entnommen hat; dabei kann dahinstehen, ob es sich bei
dem Zahlungsanspruch, dessen Geltendmachung das Auskunftsbegehren vorbereiten
soll, um einen Erfüllungsanspruch, wie das Berufungsgericht meint, oder um einen
vertraglichen Schadensersatzanspruch handelt.
Auch im übrigen läßt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der
Beklagten erkennen.
III. Dagegen hält das Berufungsurteil den Angriffen der Anschlußrevision des
klagenden Landes nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Karten, die nicht unmittelbar
Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung waren, sowohl vertragliche als auch
Schadensersatzansprüche aus § 97 Abs. 1 UrhG sowie aus § 823 Abs. 2 BGB
verneint: Aus der Vielzahl von Vereinbarungen hinsichtlich jeweils einzelner
Kartenausgaben könne nicht auf eine umfassende Rahmenvereinbarung auch für die
anderen Karten geschlossen werden, die nicht Gegenstand eines Vertrages waren.
Vertragliche Ansprüche seien daher nicht gegeben.
Das klagende Land könne - so hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt -
seine Ansprüche auch nicht auf Urheberrecht stützen. Zwar handele es sich bei
den Karten nicht um amtliche Werke im Sinne des § 5 UrhG. Die Karten erfüllten
aber nicht das Erfordernis einer persönlichen geistigen Schöpfung nach § 2 Abs.
2 UrhG. Die besonderen Vorzüge des Kartenwerkes erschöpften sich im wesentlichen
in der hervorragenden Eignung für den Gebrauchszweck, ohne daß eine in der
Formgestaltung liegende persönliche Geistesschöpfung zu erkennen sei.
Schließlich könne das klagende Land auch aus der Verletzung der Erlaubnispflicht
nach § 16 VermG keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen, weil diese
Bestimmung kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sei.
2. Die Anschlußrevision des klagenden Landes nimmt diese Beurteilung hin,
soweit das Berufungsgericht Ansprüche aus Vertrag und aus dem allgemeinen
Deliktsrecht verneint, wendet sich jedoch dagegen, daß die topographischen
Karten nach Auffassung des Berufungsgerichts keinen Urheberrechtsschutz nach § 2
Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 UrhG genießen. Diesen Angriffen der Anschlußrevision ist
der Erfolg nicht zu versagen.
a) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der erforderlichen schöpferischen
Eigentümlichkeit der sich in dem Kartenwerk verkörpernden kartographischen
Leistung einen zu engen Maßstab angelegt. Es hat gemeint, zu den einzelnen
Karten keine Feststellungen treffen zu müssen, den Urheberrechtsschutz vielmehr
mit Erwägungen verneinen zu können, die sich in erster Linie auf den geringen,
allein am Gebrauchszweck orientierten gestalterischen Spielraum bei der
Kartenerstellung stützen. Wie der Senat in dem - erst nach Erlaß des
Berufungsurteils verkündeten - Urteil vom 20. November 1986 (I ZR 160/84, GRUR
1987, 360, 361 - Werbepläne) ausgeführt hat, schließt aber allein der Umstand,
daß der Planersteller mit seiner Darstellung die vorgegebenen kartographischen
Zwecke zu erfüllen sucht, die Urheberrechtsschutzfähigkeit nicht aus; denn die
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7
UrhG, zu denen auch topographische Karten und Pläne zählen, sind unter den
Schutz des Urheberrechtsgesetzes gestellt, obwohl sie regelmäßig einem
praktischen Zweck dienen, der den Spielraum für eine individuelle
Darstellungsweise einengt. Im Rahmen dieser Bestimmung darf daher kein zu hohes
Maß an eigenschöpferischer Formgestaltung verlangt werden.
Es reicht vielmehr aus, daß eine individuelle - sich vom alltäglichen
kartographischen Schaffen abhebende - Geistestätigkeit in dem darstellerischen
Gedanken zum Ausdruck kommt, mag auch das Maß an Eigentümlichkeit, an
individueller Prägung gering sein. Allerdings folgt aus einem geringen Maß an
Eigentümlichkeit auch ein entsprechend enger Schutzumfang bei dem betreffenden
Werk (BGH, Urt. v. 20.11.1986, aaO - Werbepläne).
b) Bei Beachtung dieser Grundsätze hätte sich das Berufungsgericht - was die
Anschlußrevision rügt - mit dem ausführlichen Vortrag des klagenden Landes zur
Entstehung der topographischen Kartenwerke (GA 68 i.V.m. GA 71 S. 17ff)
auseinandersetzen müssen. Dort sind die Arbeitsschritte zur Erstellung der
topographischen Karten des Landesvermessungsamtes im einzelnen beschrieben.
Insbesondere ist vorgetragen, daß dem einzelnen Entwurfsbearbeiter oder
Kartographen bei der Anwendung des Musterblattes, in dem die einzelnen
Kartenzeichen und Beschriftungsarten verzeichnet sind, ein genügend großer
Spielraum für individuelle formgebende kartographische Leistungen verbleibt.
Dies gelte vor allem für die Generalisierung, die größte Gewissenhaftigkeit und
bestes geographisches Einfühlungsvermögen erfordere; dabei könne nicht
schematisch vorgegangen werden; vielmehr sei es erforderlich, die jeweilige
Maßnahme der Generalisierung mit der Fülle der anderen in dem betreffenden
Kartenbereich zu vermittelnden Informationen abzustimmen, um den Kartenbenutzer
- bei guter Übersichtlichkeit und Lesbarkeit der Karte - möglichst umfassend zu
informieren. Zwar handelt es sich hierbei um allgemeine Ausführungen zur
Entstehung der topographischen Landeskarten, während sich dem Klägervortrag
konkrete Angaben zur Erstellung der in Rede stehenden Karten nicht ohne weiteres
entnehmen lassen. Hierauf kann es jedoch im Hinblick darauf nicht ankommen, daß
das Berufungsgericht gemeint hat, den Urheberrechtsschutz bereits aus
grundsätzlichen Erwägungen verneinen zu müssen, und daher auch für einen - an
sich gebotenen - Hinweis nach § 139 ZPO keine Veranlassung gesehen hat.
c) Gleichwohl käme eine Aufhebung des Berufungsurteils - soweit zum Nachteil
des klagenden Landes erkannt worden ist - nicht in Betracht, wenn es sich bei
den topographischen Karten um amtliche Werke im Sinne des § 5 Abs. 2 UrhG
handelte und aus diesem Grunde urheberrechtliche Ansprüche ohnehin zu verneinen
wären. Hiervon kann indessen nicht ausgegangen werden.
Nach § 5 Abs. 2 UrhG sind vom Urheberrechtsschutz - neben den in Absatz 1
genannten Gesetzen, Erlassen, Bekanntmachungen und Entscheidungen - solche
amtlichen Werke ausgenommen, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen
Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind. Daß es sich im Streitfall um amtliche
- also aus einem Amt herrührende - Werke handelt, die einer Verwaltungsbehörde
zuzurechnen sind (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1986 - I ZR 145/84, GRUR 1987, 166, 167
- AOK-Merkblatt), unterliegt keinem Zweifel. Das topographische Kartenwerk ist
jedoch nicht "im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme"
veröffentlicht worden.
Die als Ausnahmevorschrift eng auszulegende (BGH, Urt. v. 9.10.1986, aaO -
AOK-Merkblatt) Vorschrift des § 5 Abs. 2 UrhG beruht nach der amtlichen
Begründung auf der Vorstellung, daß das öffentliche Interesse die möglichst
weite und ungehinderte Verbreitung der genannten Werke erfordere (vgl.
BT-Drucks. IV/270, S. 39; BGH, Urt. v. 30.6.1983 - I ZR 129/81, GRUR 1984, 117,
119 - VOB/C). Das amtliche Interesse an der freien Veröffentlichung muß zwar
nicht besonders dringlich und unabweisbar sein (so zu § 16 LUG BGH, Urt. v.
3.7.1964 - Ib ZR 146/62, GRUR 1965, 45, 46 - Stadtplan); es muß aber nach Art
und Bedeutung der Information gerade darauf gerichtet sein, daß der Nachdruck
oder die sonstige Verwertung des die Information vermittelnden Werkes jedermann
freigegeben wird (BGH, Urt. v. 30.6.1983, aaO - VOB/C; E. Ulmer, Urheber- und
Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 170f; vgl. auch BGH, Urt. v. 28.4.1972 - I ZR 108/70,
GRUR 1972, 713 - Im Rhythmus der Jahrhunderte). Dies ist bei amtlichen
Kartenwerken regelmäßig nicht der Fall (so ausdrücklich Begründung zum
Regierungsentwurf, BT-Drucks. IV/270, S. 39).
d) In Ermangelung anderer Feststellungen des Berufungsgerichts ist
schließlich für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß dem klagenden Land
- was ohnehin naheliegt - für den Fall eines urheberrechtlichen Schutzes
ausschließliche Nutzungsrechte an den Karten eingeräumt worden sind. Da es somit
darauf ankommt, ob die in Rede stehenden topographischen Karten
Urheberrechtsschutz genießen, kann das Berufungsurteil in diesem Punkt keinen
Bestand haben. Das Berufungsgericht wird den noch zu ergänzenden Vortrag des
klagenden Landes zur Erstellung der Karten anhand des vorzulegenden
Anschauungsmaterials sowie anhand der Karten, für die der Schutz begehrt wird
und die sich bislang nicht bei den Akten befinden, würdigen und - gegebenenfalls
unter Hinzuziehung eines Sachverständigen - die erforderlichen tatrichterlichen
Feststellungen treffen müssen.
IV. Auf die Anschlußrevision des klagenden Landes - die nur insoweit
zurückzuweisen ist, als sie die geringfügige Abweisung der Zahlungsklage
hinsichtlich der Zinsen ebenfalls angreift - ist daher das Berufungsurteil in
dem Umfang aufzuheben, als die Klage hinsichtlich der Auskunftsanträge 2c bis f
abgewiesen worden ist. Insoweit ist die Sache an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Die Revision der Beklagten ist dagegen zurückzuweisen.
GRUR 1988, 33-36 NJW 1988,
337-339 LM Nr 176 zu § 13 GVG AfP 1988,
105 (red. Leitsatz) MDR 1988, 117-118
ZUM 1987, 634-637 WRP 1988, 233-236 BGHR GVG
§ 13 Vermessungsamt 1 BGHR UrhG § 2 Abs 1 Nr 7 Kartographie
1 BGHR UrhG § 5 Abs 2 Landeskarten 1 RzU BGHZ Nr 368
BGH-DAT Zivil
Verfahrensgang
- vorgehend OLG Stuttgart 30. Oktober 1985 4 U 70/85
- vorgehend LG Stuttgart 2. April 1985 17 O 23/85
Diese Entscheidung wird zitiert von
- Vergleiche
LG Oldenburg (Oldenburg) 5.
Zivilkammer Urteil vom 22. September 1988 5 O 466/88
Zur Urheberrechtsschutzfähigkeit der Bedienungsanleitung für
eine Motorsäge
- Aufsatz Rechtsprechungsübersicht Hoppmann,
Hans-Dieter RDV 1992, 53-62
Urheberrechtsschutz für Computerprogramme - Eine
Rechtsprechungsübersicht