I. Die Fragestellung
"Die Zeit ist durch den Tag und durch das Jahr ein wesentlicher Faktor
des Völkerrechts. Sie prägt die Geltung und die Verbindlichkeit
des generell abstrakten Völkerrechts. Die Zeit prägt aber auch
das individuell-konkrete Völkerrecht." Mit diesen wenigen Feststellungen
führt Günther Winkler in eine zentrale Dimension des geltenden
Völkerrechts ein,[1]
die aber, wie er wenig später schreibt, in monographischen Studien
zum Völkerrecht allgemein nicht dargestellt wird.[2]
Dies mag darin begründet sein, daß der Umgang mit wechselnden
Fakten und politischen Situationen zu einer permanenten Suche nach rechtlichen
Haltepunkten und Fixierungen zwingt und die Zeit-Dimension dadurch jene
übermächtige Selbstverständlichkeit gewinnt, die den Gedanken
an ihre Existenz eher vertreibt. Denn jede Veränderung in der Zeit
bedroht auf unausgesprochene Weise die mühsam und gedankenreich errichteten
Rechtskonstruktionen, die Sicherheit und Verläßlichkeit zu gewähren
scheinen.
Antworten des Rechts auf "zeitliche" Gefährdungen zeigen sich einerseits
in der Herausbildung von bestimmten Instituten und Denkfiguren, die sich
speziell mit dem Einwirken der Zeit befassen, wie der Rückwirkung,
Verjährung, Ersitzung oder der "clausula rebus sic stantibus".[3]
Andererseits kann die Hinnahme des Wechsels als Vorgegebenheit jeder rechtlichen
Konstruktion erscheinen. Sie muß damit von vornherein "zeitunabhängig"
gestaltet werden, um Bestand haben und Rechte sichern zu können. Ausdruck
der Hinnahme des permanenten Wechsels ist in ganz besonderer Weise das
Recht der Staatensukzession. Dieses macht schon mit der Thematisierung
der "Nachfolge" die Überwindung der Endlichkeit aller Rechtsverhältnisse
zu ihrem Gegenstand. Auf keinem anderen Gebiet kommt die in der Veränderung
liegende Lebendigkeit des Völkerrechts auf ähnlich intensive
Weise zum Ausdruck, auf keinem anderen Gebiet nimmt der Kampf um das Fortbestehen
einzelner Rechtsverhältnisse dramatischere Formen an, wenn es darum
geht, über das Ende von Völkerrechtssubjekten hinaus die Dauerhaftigkeit
identischer Rechtspositionen zu sichern. Revolutionen und Staatsstreiche,
kriegerische Konflikte und ähnliche Ereignisse gefährden den
äußeren Bestand der Staaten, führen zu ihrem Zerfall oder
zur Abspaltung selbst größerer Gebietsteile, schaffen neue Staaten
oder überlassen diese längeren Schwebezuständen, in denen
sich das Effektivitätsprinzip nur begrenzt durchsetzen kann.
Daß es dabei meist um die Positionen von Schuldnern und Gläubigern
des betreffenden Staates geht,[4]
weniger um seine historisch-politische Ausstrahlung, wird nicht immer bewußt.
Der schon bei Hugo Grotius erwähnte Satz Heraklits,
niemand könne zweimal in denselben Fluß steigen,[5]
verbirgt das wahre Ausmaß rechtlicher Unklarheiten im einzelnen Nachfolgefall
hinter einer allgemeinen Aussage über den Wandel aller Dinge. Mehr
auf den Unterschied zwischen Form und Inhalt weist bereits ein ebenfalls
bei Hugo Grotius zitierter Satz von Seneca, worin Grotius
eine "Verbesserung" der Formulierung Heraklits sieht: "Der Name
des Flusses bleibt, aber das Wasser fließt ab."[6]
Doch auch der Hinweis auf ähnliche Gedanken des Aristoteles
macht stärker auf das Alter der Rechtsprobleme, weniger aber auf deren
Lösungen aufmerksam. Daß es an einer "Lösung" der auftretenden
Probleme nach wie vor weitgehend fehlt, wird durch die nur geringe Anzahl
völkergewohnheitsrechtlicher Regeln im Recht der Staatensukzession
dokumentiert.
Die Staatenpraxis ging meist recht pragmatisch vor und entwickelte nur
zurückhaltend rechtliche Leitlinien. Selbst in scheinbar eindeutigen
Fällen, die für eine rechtliche Faustregel wie geschaffen schienen,
versagte die Staatenpraxis die Gefolgschaft. So etwa bei der naheliegenden
Annahme, aus dem Ende eines Staatswesens folge auch der Untergang der von
ihm abhängigen Rechtsverhältnisse.[7]
Grundannahmen von der kooperativen Rechtsnatur der Völkerrechtsgemeinschaft
und der Ausbau der Lehre vom völkerrechtlichen Vertrauensschutz sorgten
für Ausdifferenzierungen, die eine "automatische" Anwendung jener
Faustregel unmöglich machte.[8]
Versuche, dem Einfluß der Zeit im Völkerrecht zu entgehen,
sind immer wieder unternommen worden, letztlich jedoch mit wenig Erfolg.
Staatstheoretische Ansätze unterschiedlichster Art versuchten, Einfluß
auch auf das Völkerrecht zu nehmen.[9]
Aber auch organologische wie normativistische Theorien schufen letztlich
wenig Klarheit. "Staaten entstehen, wachsen, altern und vergehen, wie der
einzelne Mensch" hieß es in dem bereits zitierten Völkerrechtslehrbuch
von August Wilhelm Heffter,[10]
kennzeichnend für die später auch im 20. Jahrhundert unternommene
Flucht in "humanitäre" Deutungen des Staates als dem maßgeblichen
Völkerrechtssubjekt. Nur begrenzte Eindeutigkeit vermittelte selbst
die strikte Trennung von politisch-sozialer und rechtlicher Existenz des
Staates durch normativistische Theorien.[11]
Der Versuch, das Recht der Staatensukzession aus der Vielfalt der Staatstheorien
in den Jahren 1978 und 1983 durch den Abschluß universeller Konventionen
herauszuführen,[12]
mißlang, nicht zuletzt durch die rechtliche Fixierung des Blickes
auf die inzwischen historische Periode der Dekolonisierung. Im Ergebnis
führte dieser Versuch einer möglichst "zeitgerechten" zu einer
letztlich "unzeitgemäßen" Rechtsetzung,[13]
die für die Lösung der seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
unvermutet auftauchenden Fälle der Auflösung von Sowjetunion
und Jugoslawien nur wenig Hilfe bot. Dieser Beitrag zum Thema "Zeit und
Völkerrecht" wird noch überboten durch den Umgang mit dem Zeitfaktor
in den beiden Konventionen selbst. Erwähnt sei lediglich der dort
definierte "Zeitpunkt der Staatensukzession" (date of the succession of
States).[14]
Denn gerade diese rechtstechnisch notwendige Festlegung auf einen möglichst
exakten Nachfolge-Termin beleuchtet wie durch ein Brennglas ein Dilemma
des Zeitfaktors im Recht der Staatensukzession: Oft Jahrzehnte andauernde
Entwicklungen müssen in technisch-unhistorischer Weise terminiert
werden, um den Beginn einer rechtlichen wie staatlichen Neuentwicklung
markieren zu können. Auf diese Weise wird nicht zuletzt Rechtsklarheit
in einer oft chaotisch anmutenden politisch-faktischen Situation gewonnen.
Es war daher verständlich, daß die von der Europäischen
Gemeinschaft eingesetzte Badinter-Kommission u.a. damit betraut
wurde, den "Zeitpunkt der Staatensukzession" für die einzelnen Nachfolge-Staaten
des ehemaligen Jugoslawien zu ermitteln.[15]
Es wäre jedoch einseitig, dem Recht der Staatensukzession nur die
Bewältigung der äußeren Veränderungen in der Staatenwelt
zuzuordnen. In gleicher Weise dient es der Ermittlung des Fortbestandes
einzelner Völkerrechtssubjekte und Rechtsverhältnisse. Es ist
daher gleichermaßen Ausdruck und Gestalter von Veränderungen
wie von Stetigkeit und Bestand. Das Recht der Staatensukzession schafft
zwar stets neue rechtliche Zuordnungen, gleichzeitig gibt es aber Auskunft
über den unveränderten Fortbestand von Staaten, Rechten und Pflichten,
schafft rechtlichen Halt in umstrittenen Situationen, zwingt zu Abgrenzungen
und Gegenpositionen, läßt nach den maßgeblichen rechtlichen
Kriterien in einer sich wandelnden Völkerrechtsgemeinschaft fragen.
Die folgende Abhandlung soll nicht der Suche nach neuen "Lösungen"
auf dem Gebiet der Staatensukzession dienen, nicht der Behandlung bekannter
oder neuer Fallgruppen. Sie hat lediglich die Darstellung des Zeitfaktors
im Recht der Staatensukzession, seine Instrumentalisierung in ganz unterschiedlichem
Gewande vor dem Hintergrund der Staatenpraxis der letzten Jahre zum Gegenstand.
II. Die Begrenzung der Zeit: die völkerrechtliche Anerkennung
Schon die frühere Theorie der Staatensukzession mußte davon
ausgehen, daß in einem konkreten Sukzessionsfall Vorstellungen sowohl
der betroffenen Staaten bzw. Staatsteile als auch dritter Staaten und internationaler
Organisationen maßgeblich werden konnten. Insofern wurde die Reaktion
der Staatengemeinschaft auf ein regionales Sukzessionsproblem von entscheidender
Bedeutung. Aus der Sicht des Zeitfaktors bedeutete die völkerrechtliche
Anerkennung als Staat die Verfestigung historischer Entwicklungsprozesse
im Rahmen einer vorgegebenen rechtlichen Funktion. Durch die völkerrechtliche
Anerkennung wird ein in Gang befindlicher historisch-politischer Prozeß,
dessen Fortentwicklung im einzelnen nur schwer überblickt werden kann,
angehalten und in etablierte rechtliche Formen gegossen. Die zeitliche
Entwicklung erfährt auf diese Weise einen Einschnitt, und die Existenz
eines Neustaates wird für die übrige Staatenwelt manifestiert.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die völkerrechtliche Anerkennung
einer der unterschiedlichen Theorien der Anerkennung folgt, etwa der "konstitutionellen"
oder der "deklaratorischen".[16]
Maßgeblich ist vielmehr, daß eine bestimmte faktisch-politische
Entwicklung umschlägt in eine endgültige Annahme des Bestehens
eines Neustaates bzw. des Fortbestandes eines Altstaates mit verändertem
territorialem Umfang.
Die völkerrechtliche Anerkennung als Staat erfüllt diese Funktion
zwar in erster Linie im Falle einer Sezession oder Dismembration, nicht
hingegen bei einer einvernehmlichen Gebietsabtretung.[17]
Denn im Falle etwa einer Zession verschafft der Zessionsvertrag den notwendigen
rechtlichen Rahmen. Bei den umstrittenen historisch-politischen Entwicklungen,
die zu einer mehrdeutigen Lage führen, schafft die völkerrechtliche
Anerkennung Klarheit über die rechtliche Situation, und insofern besitzt
die völkerrechtliche Anerkennung eine Klarstellungsfunktion.[18]
Da die völkerrechtliche Anerkennung kein Gesamtakt der Völkerrechtsgemeinschaft
ist, sondern in unterschiedlicher Dichte aus politischen Erwägungen
vorgenommen werden kann,[19]
stellt die Neuentstehung eines Staates keinen zeitlich eindeutig fixierbaren
Vorgang dar, sondern wiederum einen eigenen Prozeß, der durch die
völkerrechtliche Anerkennung entscheidend abgekürzt wird. Insofern
ist die völkerrechtliche Anerkennung ein Element auch der Zeit-Diskussion.
Die völkerrechtliche Anerkennung ermöglicht eine neue rechtliche
Zuordnung des betreffenden Staatsterritoriums zur Staatengemeinschaft.
Deutlich geworden ist in der bisherigen Diskussion bereits die bekannte
Einschätzung rein innerstaatlicher Elemente der Staatensukzession.
Es war bisher schon selbstverständlich, daß es nicht ausreicht,
daß der betreffende (Alt-)Staat bestimmte rechtliche Konsequenzen
favorisiert, sondern daß objektiv eine entsprechende Reaktion der
Staatenwelt hinzutreten mußte. Auch die abstrakte Berücksichtigung
des Selbstbestimmungsrechts der Völker kann für sich allein keine
eindeutige Lösung hervorbringen. Hinzutreten mußte auch nach
früherer Vorstellung die rechtliche Anerkennung des neuen tatsächlichen
Zustandes durch die Staatenwelt. Dieses Element ist durch die Veränderungen
nach 1990 in besonderer Weise betont worden. Schon bisher war bekannt,
daß ein "Nachfolgestaat" nicht lediglich über die traditionellen
Elemente der Staatlichkeit verfügen mußte, um zum Nachfolger
eines anderen Staates auf einem Teilgebiet werden zu können. Erst
die besondere Funktion des Instituts der völkerrechtlichen Anerkennung
konnte Klarheit über das rechtliche Vorliegen eines Neustaates schaffen.
Diese funktionale Betrachtungsweise überdeckte in der Staatenpraxis
schon in der Vergangenheit die theoretisch-materielle Diskussion über
den Staatscharakter eines neuen Völkerrechtssubjektes.
Vor allem in der Frage des Zerfalls Jugoslawiens ist das Institut der
Anerkennung als Staat in den Vordergrund getreten und hat zusätzliche
Faktoren entwickelt.[20]
Stärker als in der Vergangenheit kommt es nunmehr nicht nur auf die
Anerkennung durch andere souveräne Staaten an, sondern die Staatenpraxis
hat eine intensive Mitwirkung internationaler Organisationen zu verzeichnen.
Es handelte sich dabei insbesondere um die Rolle der europäischen
Staaten in der Europäischen Gemeinschaft während des Gesamtvorgangs
der rechtlichen Klärung eines Sukzessionsfalles.[21]
Auch im Rahmen der Vereinten Nationen wurde der politische Prozeß
der völkerrechtlich wirksamen Anerkennung in besonderer Weise verdichtet
und dadurch der Sukzessionsprozeß in bestimmte Richtungen gelenkt.[22]
In bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung des Anerkennungsprozesses ist
seit dem Zerfall der Sowjetunion eine Materialisierung des rechtlichen
Vorgangs der staatlichen Anerkennung hinzugetreten, die auf den Fall Jugoslawiens
übergegriffen hat. Sie kommt überaus deutlich in der Erklärung
zu den "Guidelines on the Recognition of New States in Eastern Europe and
in the Soviet Union" zum Ausdruck, die am 16. Dezember 1991 von der Europäischen
Gemeinschaft in Brüssel angenommen wurde.[23]
Daraus ergab sich eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit späteren
und an anderer Stelle geforderten materiellen Elementen, die auch im Rahmen
der Vereinten Nationen als Voraussetzung für eine staatliche Anerkennung
festgelegt wurden. So beschloß die Internationale Konferenz über
das frühere Jugoslawien im August 1992 ein "Statement of principles",
das vergleichbare Forderungen aufstellte.[24]
Sie tauchen in verschiedenen Formulierungen der Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates
wieder auf, die in anderem Zusammenhang später gefaßt wurden.
Zu den im Zusammenhang mit der "Declaration on Yugoslavia" formulierten
Forderung zählt nicht nur der Respekt für die Bestimmungen der
Charta der Vereinten Nationen und die Schlußakte von Helsinki sowie
die Charta von Paris, sondern ausdrücklich der Hinweis auf "the rule
of law, democracy and human rights".[25]
In auffallender Weise wurden Garantien für die Rechte der ethnischen
Gruppen und Minderheiten verlangt, ebenso wurde die Unverletzlichkeit der
Grenzen beschworen. Hinzu traten weitere Forderungen vergleichbarer Art,
die hier in ihren Einzelheiten nicht aufzulisten sind. Sie machen vor allem
deutlich, daß die völkerrechtliche Anerkennung als Staat in
der neueren Staatenpraxis von materiellen Elementen stärker durchsetzt
worden ist und eine nur formale Sicht zurückgedrängt wurde.
III. "Date of the succession of States": Der Fall Jugoslawien
Während die völkerrechtliche Anerkennung als Staat in allgemeiner
Weise selbst einen politisch bestimmten Prozeß unterschiedlicher
Dauer bildet, wird dessen zeitliche Struktur in dem Maße näher
bestimmt, in dem internationale Organisationen die völkerrechtliche
Anerkennung bündeln und ihre universelle Durchsetzung fordern. Nicht
mehr der einzelne Staat selbst befindet in voller politischer Unabhängigkeit
über den einzelnen Akt der völkerrechtlichen Anerkennung, sondern
internationale Organisationen bereiten den Zeitpunkt der Anerkennung vor,
und den einzelnen Mitgliedstaaten bleibt auf diese Weise nur noch ein geringer
politischer Spielraum. Die völkerrechtliche Anerkennung wird zwar
nach wie vor von den einzelnen Staaten ausgesprochen, jedoch gesteuert
durch die jeweilige internationale Organisation.[26]
Den internationalen Organisationen ist auf diese Weise eine gesteigerte
Koordinierungsaufgabe zugewachsen. Sie haben die früher "maßgeblichen"
oder "wichtigsten" Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft bei der Anerkennung
auf fast institutionalisierte Weise abgelöst.
Die Koordinierungsfunktion internationaler Organisationen kann in diesen
Fällen bis zur Festlegung des maßgeblichen Zeitpunkts der Staatensukzession
reichen, eines Zeitpunkts, der in den erwähnten Konventionen von 1978
und 1983 in Art. 2 angesprochen wird.[27]
Ein anschauliches Beispiel für diesen Vorgang bildet die Anerkennung
der Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens durch die Europäische Gemeinschaft.
Denn die Europäische Gemeinschaft hatte bereits im August 1991 eine
Friedenskonferenz über Jugoslawien vorgesehen, und im Rahmen dieser
Aktivitäten kam es zu der erwähnten "Conference on Yugoslavia
Arbitration Commission" (Badinter-Kommission).[28]
Diese bestand aus den Vorsitzenden höchster Gerichte der Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaft unter dem Vorsitz des Präsidenten
des französischen "Conseil constitutionnel" (Badinter) mit
dem Sitz in Paris. Die Einrichtung dieser Schiedskommission verdient eine
besondere Hervorhebung wegen ihrer begleitenden juristischen Aktivität
im Jugoslawien-Konflikt. Sie beeinflußte in bisher nicht vergleichbarer
Weise die Entscheidungsvorgänge der Friedenskonferenz über Jugoslawien
durch entsprechende "opinions" zu Fragen der Staatensukzession in Jugoslawien.
Dabei ging die Kommission von einer bloßen Beratungsfunktion aus,
was ihre bedeutsame völkerrechtlich-dogmatische Funktion aber kaum
verdecken kann.[29]
Am 20. April 1993 wurde der Badinter-Kommission die Frage vorgelegt:
"On what date(s) did State succession occur for the various States that
have emerged from the Socialist Federal Republic of Yugoslavia?"[30]
In bemerkenswerter Weise ging die Kommission in ihrer Antwort davon aus,
daß die Auflösung Jugoslawiens in einem "Prozeß der Desintegration"
erfolgt sei, der "lasted some time", nämlich vom 29. November 1991
bis zum 4. Juli 1992. Dies waren die Daten, die durch die Abgabe der Opinions
Nr. 1 und Nr. 8 bestimmt waren. Es waren dies wiederum nicht nur die Daten,
die den Auflösungsprozeß Jugoslawiens umschlossen, sondern zugleich
die Zeitpunkte, die ihrerseits die Aktivität der Badinter-Kommission
mit den ersten acht "opinions" umschrieben. Was die einzelnen Nachfolgestaaten
Jugoslawiens anbelangt, so ging die Kommission davon aus, daß die
Umstände des Einzelfalles für jeden Nachfolgestaat gesondert
beurteilt werden mußten. Auf diese Weise gelangte die Kommission
für die einzelnen Nachfolgestaaten Jugoslawiens zu ganz unterschiedlichen
Zeitpunkten der Staatensukzession. Für Kroatien und Slowenien wurde
der 8. Oktober 1991, für Mazedonien der 17. November 1991, for Bosnien
und Herzegowina der 6. März 1992 und für den aus Serbien und
Montenegro bestehenden Rest-Staat Jugoslawien der 27. April 1992 als "date
of the succession of States" festgelegt.[31]
Auf diese Weise wurden für jeden einzelnen Staat, der als Nachfolgestaat
in Betracht kam, Einzelbegründungen für den Zeitpunkt der Nachfolge
geliefert. Dabei tritt eine beachtenswerte zeitliche Diskrepanz zwischen
der innerstaatlichen Entscheidung für eine Loslösung von dem
Altstaat und dem Zeitpunkt der völkerrechtlichen Anerkennung und der
hierfür maßgeblichen Umstände zutage. Für Kroatien
und Slowenien ging die Kommission davon aus, daß diese Staaten ihre
Unabhängigkeit zwar bereits am 25. Juni 1991 erklärt hatten,
daß jedoch erst der 8. Oktober 1991 maßgeblich sein durfte,
weil die beiden Republiken zu diesem Zeitpunkt endgültig ("definitively")
ihre Bindungen mit den Organen des Alt-Staates abgebrochen hatten und "sovereign
States in international law" geworden seien. Dabei ging die Kommission
davon aus, daß die Unabhängigkeitserklärung vom 25. Juni
1991 selbst den Zeitpunkt vom 8. Oktober 1991 festgelegt hatte. Auf näher
nicht erklärte Weise respektierte die Kommission diesen Zeitpunkt.[32]
Im Falle Mazedoniens war es wiederum nicht der Unabhängigkeits-Anspruch
vom 25. Januar 1991, der maßgeblich wurde, sondern das Inkrafttreten
der Verfassung am 17. November 1991, dem ein Referendum vom 8. September
vorangegangen war. Das Datum des Inkrafttretens der Verfassung sei der
Zeitpunkt gewesen, an dem Mazedonien ein souveräner Staat geworden
sei, der keine institutionelle Verbindung mit dem früheren Jugoslawien
mehr besessen habe. Im Falle Bosnien-Herzegowinas war es wiederum nicht
das Datum des Inkrafttretens der Verfassung, sondern die Veröffentlichung
des Ergebnisses eines am 6. März 1992 abgehaltenen Referendums, das
mehrheitlich den Willen zur Gründung eines eigenständigen Staates
zum Ziel gehabt hatte. Schwierigkeiten besonderer Art bereitete die Bestimmung
des Sukzessions-Zeitpunkts der "Federal Republic of Yugoslavia", denn dieser
"Nachfolge"-Staat betrachtete sich als identisch mit dem früheren
Alt-Staat Jugoslawien, ging also von einer staatlichen Identität aus.
Gleichwohl bestimmte die Kommission den 27. April 1992 als den maßgeblichen
Sukzessions-Zeitpunkt mit der Begründung, daß dies der Zeitpunkt
gewesen sei, an dem Montenegro und Serbien die neue Verfassung angenommen
hätten.[33]
Aufschlußreich ist ein weiterer Hinweis, der die Schwierigkeiten
der Kommission in bezug auf die zeitliche Einordnung des Nachfolgeprozesses
deutlich macht. Es sei dies zudem der Zeitpunkt gewesen, an dem die wichtigen
internationalen Organe davon ausgegangen seien, daß der Prozeß
der Auflösung Jugoslawiens abgeschlossen sei. Die Kommission ging
offensichtlich selbst davon aus, daß der unterschiedliche Zeitpunkt
der Sukzession für die einzelnen Nachfolgestaaten im Einzelfalle auch
Probleme bereiten könnte. Dennoch hielt man sich an die Vorgabe der
Konventionen von 1978 und 1983, die von einer Bestimmung des Zeitpunkts
der Staatensukzession in Art. 2 ausgegangen waren.
Die Stellungnahme der Badinter-Kommission zur Frage des Zeitpunkts
der Staatensukzession macht deutlich, daß der Vorgang der Staatensukzession
im Falle einer umstrittenen Abfolge der Ereignisse selbst in unterschiedlich
wichtige Perioden zerfällt, die in ihrer Gesamtheit den Vorgang der
Staatensukzession erst ausmachen. Hinzu kommt, daß in den Äußerungen
der Badinter-Kommission deutlich wird, welch unterschiedlichen Stellenwert
die innerstaatliche Unabhängigkeitserklärung gewinnen kann. Der
Gegensatz zwischen rechtlicher Selbsteinschätzung durch den betroffenen
Nachfolgestaat und der Auffassung der Staatengemeinschaft im Hinblick auf
die völkerrechtliche Anerkennung der neuen politischen Situation gehört
zwar zu den bekannten Kennzeichen der rechtlichen Diskussion. Im Falle
Jugoslawiens tritt jedoch der Versuch hinzu, den Zeitpunkt der Staatensukzession
möglichst auf den Tag genau festzulegen und auf diese Weise den historisch-politischen
Vorgang mosaikartig zu strukturieren. Dabei kann hier außer Acht
bleiben, daß keine der von der Badinter-Kommission vorgelegten
Begründungen für die Festlegung des jeweiligen Zeitpunktes der
Staatensukzession restlos überzeugen kann. Die Unterschiedlichkeit
der Kriterien - von der Unabhängigkeitserklärung über das
Ergebnis eines Referendums bis zum Inkrafttreten einer Verfassung - hinterläßt
mehr Fragen als Antworten. Als bemerkenswert ist an dieser Stelle lediglich
hervorzuheben, daß der längere historisch-politische Prozeß
der Staatsauflösung durch einzelne, Exaktheit vorgebende Daten der
Staatsneuentstehung durchsetzt ist und insofern die Zeit in unterschiedlichem
Ausmaße zu einem entscheidenden Faktor wird.
Daß auf diese Weise durchaus auch skurrile Umstände eintreten
können, wird durch den Bezugsrahmen der Untersuchungen der Badinter-Kommission
deutlich. Denn die Heranziehung des Art. 2 der Konventionen von 1978 und
1983 mißachtet den Zeitfaktor dadurch in gravierender Weise, daß
es sich bei den erwähnten Konventionen um den Versuch einer völkerrechtlichen
Rechtsetzung handelt, der nicht bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Konventionen
geführt hat.[34]
Insofern wird ein völkerrechtliches Regelwerk herangezogen, dem die
Qualität der völkerrechtlichen "Geltung" von vornherein fehlt.
Die Badinter-Kommission entzieht sich dieser Kritik dadurch, daß
sie nicht auf die Konventionen selbst abstellt, sondern darauf, daß
diese Konventionen ihrerseits von den Prinzipien des internationalen Rechts
"inspiriert" gewesen seien.[35]
Nicht erklärbar ist gleichwohl, warum völkerrechtliche Konventionen,
die nicht in Kraft getreten sind, in Artikel, Absatz und Formulierung rechtlich
wirksam werden können, und sei es auch nur als Maßstab für
weitere rechtliche Beurteilungen. Die Dankbarkeit dafür, daß
in einem rechtlich unwegsamen Gebiet immerhin unwirksame Konventionen bestehen,
scheint schwerer zu wiegen als elementare rechtliche Grundannahmen, die
vom notwendigen Inkrafttreten eines rechtlichen Regelwerkes ausgehen.[36]
In welch starkem Maße in einem Prozeß der Unwägbarkeiten
und politischen Veränderungen die Festlegung von Daten den Anschein
von Rechtssicherheit vermitteln können, ließe sich am Beispiel
der Sowjetunion verdeutlichen. Auch hier scheint ein bestimmter Zeitpunkt
den Untergang der ehemaligen Sowjetunion mit der Neuentstehung von Nachfolgestaaten
zu markieren.[37]
Die Diskussion um die Einstufung Rußlands als Nachfolgestaat der
Sowjetunion zeigt mit hinlänglicher Deutlichkeit, auf welch schwankendem
Boden "zeitgerechte" Wertungen einer Theorie der Staatensukzession stehen.[38]
IV. Schwebezustände: Auf der Suche nach dem Kontinuum
Die punktuelle Festlegung des Beginns der rechtlichen Existenz eines Staates
im völkerrechtlichen Sinne steht im Gegensatz zu anderen Erscheinungsweisen
der Staatenpraxis, die sich auf längere Übergangsperioden ausrichtet.
Schon die Einbeziehung von Rest-Jugoslawien in den Kreis der "Nachfolge"-Staaten
Jugoslawiens stellt eine mehr der Theorie denn der Praxis nahestehende
Position dar. Denn die Tatsache, daß sich Rest-Jugoslawien als identisch
mit dem früheren Jugoslawien, wenn auch mit geringerer territorialer
Ausdehnung, fühlt, macht auf das Fortbestehen von Konflikten aufmerksam.[39]
Die Frage, ob ein Staat als identischer Rechtsträger fortbesteht,
oder mit Rechten und Pflichten untergegangen ist, betrifft zentrale Bereiche
der zwischenstaatlichen Beziehungen.[40]
Von dieser Entscheidung hängen Vertragspflichten einschließlich
der erwähnten Gläubiger- und Schuldnerpositionen entscheidend
ab. Zwar läßt sich in der Theorie der Nachweis führen,
daß Rechtsbeziehungen auch einen Staatsuntergang überleben können,
wenn nur die Nachfolgestaaten in die bestehenden rechtlichen Beziehungen
eintreten,[41]
doch ist damit lediglich ein Ideal-Zustand anvisiert, der in der Staatenpraxis
nicht immer erreicht wird. Sowohl im Fall des ehemaligen Jugoslawiens als
auch in bezug auf die Sowjetunion wurde die Frage streitig, ob ein Rechtszustand
der fortbestehenden Identität des Staates - notfalls mit verringertem
Territorium -, oder aber ein Neustaatscharakter mit allen zum Teil ungeklärten
Folgen für den Bestand einzelner Rechtsverhältnisse vorlag.[42]
Unklare Schwebezustände können zwar durch die verstärkte
Aktivität internationaler Organisationen erheblich verkürzt werden,
doch schließt dies nicht aus, daß ein Sukzessionsfall über
längere Zeit in der Schwebe bleibt.
Rest-Jugoslawien kann etwa die Rechtsbehauptung, mit dem früheren
Jugoslawien identisch zu sein, über längere Zeit aufrechterhalten,
wenn es in eine entsprechende Konfrontation mit der Staatenmehrheit eintritt.
Schon die Position der Organe der Vereinten Nationen war in diesem Punkte
uneinheitlich.[43]
Zwar konnte bald geklärt werden, daß auch in bezug auf Rest-Jugoslawien
von einem Neustaat auszugehen war, doch war damit nur ein Teil der Fragen
beantwortet, die mit der Mitgliedschaft des Altstaates in einer internationalen
Organisation zu tun haben. Unterschiedliche Positionen einzelner Organe
der Vereinten Nationen in dieser Frage zeigen an, wie hartnäckig entsprechende
Differenzen in der Praxis zum Ausdruck kommen können. Nicht zu einer
Klarstellung im Wege der völkerrechtlichen Anerkennung mit der massiven
Hilfe internationaler Organisationen kommt es, wenn die betroffene internationale
Organisation etwa selbst einen Mittelweg geht, wie im Falle der Zugehörigkeit
Rußlands zum Sicherheitsrat der Vereinten Nationen,[44]
oder wenn bestehende Konflikte auch durch den Einsatz einer weltumspannenden
internationalen Organisation nicht aus der Welt geschafft werden können.
Die Staatenpraxis läßt es trotz mancher Tendenz zu punktuellen
Festlegungen zu, daß die Existenz eines Staates über Jahrzehnte
hinweg umstritten bleibt, ohne daß sich das Effektivitätsprinzip
zugunsten einer Teilung oder Vereinigung endgültig durchsetzen kann.
In derartigen Fällen kommt es zu Schwebezeiten, in denen ein modus
vivendi gefunden werden muß bzw. eine Überbrückung des
umstrittenen Zeitraumes mit der ausdrücklichen Einbeziehung etwa auch
von de facto-Regimes[45]
in das Rechtsleben der Staaten.
Schwebezustände über einen längereren Zeitraum wurden
etwa im Falle Deutschlands hingenommen, als die Sezession der DDR letztlich
am Fortbestand der Vier-Mächte-Verantwortung scheiterte und mit der
Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes im Jahre 1990 abgebrochen wurde.[46]
Die Offenheit der deutschen Frage verhinderte über mehrere Jahrzehnte
hinweg die Endgültigkeit des erreichten Zwischenzustandes und blockierte
die Wirkungen des Effektivitätsprinzipes. Im Falle geteilter Staaten
stellt sich die dogmatische Frage nach dem entscheidenden Kontinuum der
Staatsexistenz, die im konkreten Fall durch den Zeitablauf bedroht ist.
Welche Elemente der Kontinuitätswahrung zugunsten eines Staates letztlich
durchschlagen, hängt auf der einen Seite von der völkerrechtlichen
Akzeptanz eines die Existenz des Staates sichernden Elementes ab, auf der
anderen Seite von der Einwirkung des bestehenden Alt-Staates auf die internationale
Praxis durch entschiedenes Vorgehen im internationalen Rechtsverkehr.
Aus der Sicht des Zeit-Faktors ist in diesen und ähnlichen Fällen
lediglich von Bedeutung, daß längere Schwebezeiten durchaus
zu den möglichen Varianten der Staatenpraxis zählen können,
daß Endgültigkeit im Sinne eines verfestigten Zustandes überhaupt
verhindert werden und so das Effektivitätsprinzip als maßgebliches
Kriterium des Völkerrechts nicht eingreifen kann. Die Staatenpraxis
ist durch die Wiedervereinigung Deutschlands mitgeformt, und eine künftige
Lehre von der Staatensukzession kann diesen praktischen Fall nicht umgehen.
Sofern dieses Problem auf dem Wege über eine - stets beliebte - sui
generis-Lösung ausgegrenzt werden sollte, stellt sich gleichwohl die
Frage, wie mit anderen Fällen geteilter Staaten verfahren werden soll.
Die Suche nach dem wirksamen Kontinuum fügt sich notwendig in aktuelle
Tendenzen des Völkerrechts ein, wie in bezug auf das Selbstbestimmungsrecht
der Völker. Dieses legt das Schwergewicht auf das Fortbestehen und
den entsprechenden Willen eines betroffenen Volkes. Bei der Überwindung
der Teilung Deutschlands konnte dieses Kriterium zur Wirksamkeit gelangen,
wenn auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung und unter Nutzung
einer günstigen internationalen Konstellation.[47]
Der Zeitfaktor kann in derartigen Fällen wirksam beeinflußt
werden durch die dogmatische Unterstreichung des Prinzips "ex injuria ius
non oritur".[48]
Mißt man ihm einen hohen Stellenwert bei, so verhindert er im Grenzfall
auch über längere Zeit hinweg eine rechtliche Verfestigung der
faktischen Situation. Eine weitere Weichenstellung kann durch gewohnheitsrechtlich
akzeptierte Rechtssätze erfolgen, wie etwa durch die Unwirksamkeit
des Eintritts der Staatensukzession während einer occupatio bellica.[49]
Damit ist jedoch der Blick auf die Elemente jener die Endgültigkeit
der Rechtssituation verhindernden Faktoren gerichtet, auf der anderen Seite
von der Einwirkung des bestehenden Alt-Staates auf die internationale Praxis,
die es im einzelnen zu ergründen gälte. Unter dem Gesichtspunkt
der Zeit ist darauf hier jedoch nicht näher einzugehen. Hinzuweisen
ist lediglich auf fortbestehende dogmatische Grundprobleme, die von der
Völkerrechts-Dogmatik bei der Suche nach einem Kontinuum gelöst
werden müssen.
Denn die Tendenzen des jeweils geltenden Völkerrechts bestimmen
notwendig auch Art und Reichweite des die rechtliche Staatsexistenz sichernden
Kontinuums in Zeiten der Existenzkrise. Auch in dieser Hinsicht muß
sich die Dogmatik der Staatensukzession den "Zeitströmungen" der eigenen
Disziplin öffnen. Daß aus diesem Grunde organisatorische und
territoriale Faktoren allein die Einheit des Staates über längere
Zeit nicht erhalten können, liegt auf der Hand. Im Zeitalter der -
jedenfalls proklamierten[50]
- Beachtung der Menschenrechte[51]
wird es notwendig auf den humanitären Faktor des Staatslebens verstärkt
ankommen, ebenso auf das instrumentelle Netzwerk des Einflusses internationaler
Organisationen einschließlich der Gesamtheit der internationalen
Konstellationen, die die Dauer des "Schwebezustands" mit beeinflussen.
So war eine spürbare "Internationalisierung" der deutschen Frage[52]
unter dem Etikett der Vier-Mächte-Verantwortung der Garant der erwähnten
fortdauernden "Offenheit" des Deutschland-Problems bis zum Jahre 1990.
Die Dogmatik der Staatensukzession trägt in der Beachtung neuer Strömungen
des Völkerrechts, etwa in der Frage der Menschenrechte, den Keim einer
"zeitgerechten" Fortentwicklung in sich, wenn auch mit gelegentlich verzögerten
Erkenntnis-Sprüngen.[53]
V. Die Effektivität der Zeit im Völkerrecht
Die Einwirkung der Zeit auf völkerrechtliche Konstellationen vollzieht
sich selten im Rahmen eines bloßen Zeitablaufs ohne das Hinzutreten
weiterer Elemente. Völkerrechtliche Verträge können den
Zeitpunkt Ihres Inkrafttretens selbst bestimmen und den Umfang der notwendig
hinzutretenden Rechtsakte minimieren. Der Ablauf von Fristen bedarf in
aller Regel keiner weiteren faktischen Zugaben, und die vereinbarte Zeitspanne
orientiert sich am Zeitmaß selbst. Meist jedoch geht es um eine spezifische
Verbindung von faktischer Veränderung "in der Zeit" und ihre rechtliche
Beurteilung. Häufig richtet sich fast das gesamte Bemühen der
Staatenpraxis gegen eine gewohnheitsrechtliche Verfestigung von Veränderungen,
und auf diesem Felde liefert vor allem der Protest das wichtigste Hilfsmittel.[54]
Im Recht der Staatensukzession finden sich unterschiedliche Wege, um
der Einwirkung der Zeit und dem Effektivitätsprinzip Hemmnisse in
den Weg zu legen.
a) Eine offene Ausschaltung des Effektivitätsprinzips wird durch
die bewußte und ausdrückliche Heranziehung des Instruments der
Fiktion erreicht. Diesen Weg beschritt etwa Cansacchi bei
seiner Unterscheidung zwischen Identität und Kontinuität des
Staates.[55]
Auf diese Weise wird der faktisch geprägte Zeitabschnitt durch eine
gedachte Periode ersetzt. Es liegt auf der Hand, daß dieses Instrument
mit der Staatenpraxis kollidiert, die eine maßgebliche Quelle des
Völkerrechts darstellt. Insofern ist auch das allgemein der Rechtswissenschaft
zugängliche[56]
Instrument der Fiktion im Recht der Staatensukzession für das geltende
Völkerrecht nur begrenzt geeignet.[57]
b) Davon zu unterscheiden ist die nach dem Zweiten Weltkrieg eingeschlagene
Praxis der "wiedererrichteten Staaten". Sie negiert nicht den zeitweiligen
Untergang des betreffenden Staates in dem betroffenen historischen Kontext,
knüpft jedoch an einen früheren Zeitpunkt der staatlichen Existenz
an. Auf diese Weise wird die Zeitspanne des Untergangs überbrückt
und kann die Rechtsträgerschaft für Zukunft und Vergangenheit
mit der Annahme staatlicher Kontinuität gesichert werden.[58]
In diesen Fällen von der Kategorie der "scheintoten Staaten" zu sprechen,[59]
erklärt sich ausschließlich aus einer ex post-Sicht, die die
jeweils aktuelle Situation rechtlich überbrückt.
Der erwähnte völkergewohnheitsrechtliche Satz über den
Nichteintritt der Staatensukzession während einer kriegerischen Besetzung
gibt Antwort auch auf staatliche Sonderlagen. Im Falle Österreichs
wurde er fortentwickelt, insbesondere von Verdross, der ganz im
Sinne einer später verbreiteten Doktrin davon ausging, daß der
"Anschluß" Österreichs an das Deutsche Reich bereits als Beginn
einer occupatio bellica zu bewerten sei und entsprechende Wirkungen in
bezug auf die Staatensukzession zeitigen müsse ("occupatio-quasi-bellica").[60]
Die Interpretation dieses historischen Ereignisses im Sinne einer kriegerischen
Besetzung erscheint mehr als gewagt und war im Rückblick nichts anderes
als ein juristischer Notbehelf.[61]
Gleichwohl stand es der Völkerrechts-Gemeinschaft frei, den Wiedereintritt
möglicherweise bereits untergegangener Staaten im Sinne eines ununterbrochenen
Fortbestandes zu interpretieren und die neue Staatenpraxis entsprechend
auszurichten. Der großzügige Umgang mit staatlichen "Schwebezuständen"
in anderem Zusammenhang legt dies auch im Falle der wiedererrichteten Staaten
nahe. Erst bei der rückwirkend fiktiven Ersetzung der Staatenpraxis
während des Zustands der Eingliederung durch eine erdachte Realität
setzen ernsthafte Bedenken ein.[62]
c) Fälle der Wiederanknüpfung an frühere Abschnitte
der Staatlichkeit zeigen sich im Grunde auch in dem breiten Bereich der
Dekolonisierung. Hier lebt nicht selten eine unterdrückte Staatlichkeit
wieder auf, auch wenn sich die Annahme einer ununterbrochenen staatlichen
Identität im Rechtssinne kaum vertreten läßt. Politische,
historische oder ideelle Wiederanknüpfungen werden dadurch freilich
nicht ausgeschlossen.
d) Der Versuch, gegen die Wirkungen des Zeitablaufes die Revolution
als scheinbar krassestes Mittel einzusetzen, mußte letztlich scheitern.
Günther Winkler erinnert treffend daran, daß "sogar Revolutionen
... sich zumeist unter gleichzeitigem Fortbestand wichtiger Verfassungsinstitute
und tragender rechtlicher Institutionen (vollziehen)".[63]
Er befindet sich dabei in Übereinstimmung mit anderen Autoren, wie
etwa Georg Jellinek, der schon in seiner "Allgemeinen Staatslehre"
davon ausging, daß "selbst im offenen Kampf der höchsten politischen
Mächte ... es sich nur um zeitweilige Beschränkung oder Suspendierung
einzelner Teile, nie um gänzliche Aufhebung der Rechtsordnung handeln
(kann)".[64]
Selbst die Normativisten mußten in diesem Punkte von ihrer gewohnten
logizistischen Brillanz abrücken und den Fortbestand des Staates trotz
Revolution konzedieren. Die Argumentation mit dem Völkerrecht gegen
verfassungsrechtliche Auswirkungen der Revolution konnte aus ihrer Sicht
ebensowenig überzeugen wie die von Kelsen angenommene "Metamorphose
des Faktischen zum Normativen".[65]
e) Erweist sich die Revolution trotz aller Mystifizierungsversuche als
rechtlich meist nur stumpfe Waffe gegen die effektiven Einwirkungen der
Zeit, so bietet das Mittel der Suspendierung die Möglichkeit
einer zugleich offenen wie "weichen" Unterbrechung von Verfahrensabläufen.
Gerade auf dem Gebiete des gewohnheitsrechtlich eher dicht herausgebildeten
Völkervertragsrechtes bot die von den Vertragspartnern vereinbarte
Suspendierung im Falle Deutschlands 1990 ein Beispiel für praktizierte
Vorzeitigkeit. Im Zusammenhang mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag suspendierten
die Vier Mächte ihre Rechte aus "den vierseitigen Vereinbarungen,
Beschlüsse(n) und Praktiken und die Tätigkeit aller entsprechenden
Einrichtungen der Vier Mächte ab dem Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands".[66]
Die in Art. 72 der Wiener Vertragsrechtskonvention behandelte Suspendierung
bezog sich dabei auf die Vier-Mächte-Rechte, nicht auf den Zwei-Plus-Vier-Vertrag
selbst. Auf diese Weise wurde das Inkrafttreten des Vertrages vom 12. September
1990 trotz der noch nicht abgeschlossenen Ratifizierungsverfahren materiell
vor dem 3. Oktober 1990, dem Zeitpunkt der Wiedervereinigung, ermöglicht.
In diesem Sinne bedeutete die Suspendierungserklärung vom 1. Oktober
1990[67]
einen völkerrechtlich zulässigen Eingriff in einen völkerrechtlich
vorgesehenen Verfahrensablauf. Zugleich wurde auf diese Weise durch Vorzeitigkeit
Rechtzeitigkeit erreicht.
f) Das wohl wirksamste Mittel gegen die Einwirkung der Zeit fließt
aus der allgemeinen dogmatischen Konstruktion der Völkerrechtspersönlichkeit,
mit der die Figur der Staatspersönlichkeit korrespondiert.
Sie verleiht dem Staat die Resistenz einer juristischen Person und schirmt
ihn gegen faktische Veränderungen weitgehend ab. Eine Zukunftssicherung
allenfalls begrenzter Art vermittelt die Staatenpraxis durch die Möglichkeit
der Garantie[68].
Der historische Versuch, Staat und Verfassung durch Ewigkeits-Klauseln
rechtlich unsterblich zu machen, mußte in der Staatenpraxis scheitern
und die Frage nach dem Ende der Ewigkeit immer wieder aufwerfen.
VI. Zeitbewußtsein im Recht der Staatensukzession
Bereits die erwähnten Beispiele machen deutlich, daß der Zeitfaktor
im Recht der Staatensukzession eine zentrale Rolle spielt. Dieser Befund
ist an sich nicht neu. Aufschlußreich sind jedoch die Wege, die das
geltende Völkerrecht beschreitet, um der Wirkung der Zeit entweder
Kraft zu verleihen oder diese mit (fast) allen Mitteln zu verhindern. Dabei
gleicht der Kampf gegen die Einwirkung der Zeit auf allen Ebenen gelegentlich
einem argumentativen Spiel zur Erreichung politisch gewünschter Ergebnisse.
Auch dieser Befund leidet nicht unter spezifischer Originalität. Diese
ließe sich allenfalls durch die Behauptung von systematischer Gesetzmäßigkeit
des Zeitfaktors im Recht der Staatensukzession erzielen. Doch gerade diese
Möglichkeit scheidet angesichts der Vielfalt und Gegenläufigkeit
der einzelnen Elemente dieses Rechtsbereiches aus. Lediglich in eng begrenztem
Umfange erscheinen Systematisierungsversuche punktuell möglich zu
sein. Um diese Bereiche sinnvoll nutzen zu können und auch dem geltenden
Völkerrecht gerecht zu werden, bedarf es einer dogmatischen wissenschaftlichen
Grundvoraussetzung: der Entwicklung eines offenen, unverschleierten Zeitbewußtseins
im Recht der Staatensukzession. Denn nur auf diese Weise lassen sich Ziele,
Ausgestaltung und Gefährdungen rationaler rechtlicher Argumentation
einschätzen. Zugleich manifestiert sich auf diese Weise die Begrenztheit
scheinbar unangreifbarer Rechtspositionen. Sie bedürfen der beständigen
Verteidigung und Fortschreibung, um wirksam werden und bleiben zu können.
Zeitbewußtsein dient auf diese Weise zugleich der Stärkung des
Rechts.
[1]
Günther Winkler, Zeit und Recht, 1995, S. 550.
[2]
Ebd., S. 551.
[3]
Vgl. die Beispiele bei G. Winkler, a.a.O. (Anm. 1), S. 551. Einzeluntersuchungen,
in denen die Zeit punktuell thematisiert wird, widerlegen den allgemeinen
Eindruck nicht, vgl. etwa die Diskussion um das Problem des "critical date"
in Territorialstreitigkeiten bei Y.Z. Blum, Historic Titles in International
Law, 1965, S. 208 ff. m. w. Nw.
[4]
Vgl. statt anderer A. Reinisch, G. Hafner, Staatensukzession und
Schuldenübernahme beim "Zerfall" der Sowjetunion, 1995, passim, mit
zutr. Gewichtung.
[5]
Hugo Grotius, De iure belli ac pacis libri tres, 1625, neuer deutscher
Text und Einleitung von W. Schätzel, 1950, S. 224 (im 9. Kap.
"Wann die Staatsgewalt und wann das Eigentum aufhört").
[6]
Ebd.
[7]
Vgl. statt anderer A.W. Heffter, Das Europäische Völkerrecht
der Gegenwart auf den bisherigen Grundlagen, 8. Ausg., bearb. von F.H.
Geffcken, 1888, S. 60.
[8]
Gelegentlich wurden auch die Grundlinien der Wiener Konvention über
die Staatennachfolge in Verträge vom 23.8.1978, ILM, Vol. 17 (1978),
S. 1488 ff., herangezogen: "More specifically, the Vienna Convention reflects
the customary trend to continue treaty rights and obligations", P.R.
Williams, Denv.J.Intl.L.Pol'y, Vol. 23 (1994), S. 1 ff., 8.
[9]
Für die ältere Dogmatik nach wie vor aufschlußreich H.
Herz, Die Identität des Staates, Diss. Köln 1931, S. 33 ff.;
ders., Beiträge zum Problem der Identität des Staates,
ZÖR, Bd. XV (1935), S. 241 ff.
[10]
A.a.O. (Anm. 7), S. 60.
[11]
Vgl. W. Fiedler, Das Kontinuitätsproblem im Völkerrecht,
1978, S. 39, 74 ff.
[12]
Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge vom 23.8.1978,
a.a.O. (Anm. 8); Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen,
-archive und -schulden vom 8.4.1983, ILM, Vol. 22 (1983), S. 306 ff.
[13]
Vgl. D. F. Vagts, State Succession: The Codifiers' View, VirgJIL,
Vol. 33 (1993), S. 280 ff. Zur Leistungsfähigkeit der Konventionen
in der neueren Staatenpraxis Th. Schweisfurth, Das Recht der Staatensukzession.
Die Staatenpraxis der Nachfolge in völkerrechtliche Verträge,
Staatsvermögen, Staatsschulden und Archive in den Teilungsfällen
Sowjetunion, Tschechoslowakei und Jugoslawien, BDGV, Bd. 35 (1996), S.
191 ff.; zur bisherigen Kritik W. Fiedler, Die Konventionen zum
Recht der Staatensukzession. Ein Beitrag der ILC zur Entwicklung eines
"modern international law"?, GYIL, Vol. 24 (1981), S. 37 ff.; I. Seidl-Hohenveldern,
Das Wiener Übereinkommen über Staatennachfolge in Vermögen,
Archive und Schulden von Staaten, AJPIL/ÖZöRV, Bd. 34 (1983),
S. 173 ff., 175 ff.; A. Reinisch, G. Hafner, a.a.O. (Anm. 4), S.
43 ff. Davon zu unterscheiden ist die rechtliche Nichterfassung mancher
Sukzessionskonstellationen, wie im Falle Deutschlands, vgl. St. Oeter,
German Unification and State Succession, ZaöRV, Bd. 51 (1991), S.
349 ff., 356 f.; vgl. auch die Kritik von S.T. Korman, The 1978
Vienna Convention on Succession of States in Respect of Treaties: An Inadequate
Response to the Issue of State Succession, Suffolk Transnat. Law Review,
Vol. 16 (1992), S. 174 ff.
[14]
In Art. 2 beider Konventionen wird definiert: "'date of the succession
of States' means the date upon which the successor State replaced the predecessor
State in the responsibility for the international relations of the territory
to which the succession of States relates".
[15]
Ihr gehörten neben dem Präsidenten des französischen Conseil
Constitutionnel (Robert Badinter) auch die Präsidenten der
(Bundes)Verfassungs-gerichte Deutschlands, Italiens und Spaniens sowie
der Präsident des belgischen "Cours d'Arbitrage" an. Einzelheiten
bei A. Pellet, Note sur la Commission d'Arbitrage de la Conférence
Européenne pour la paix en Yougoslavie, AFDI, Vol. 37 (1991), S.
329 ff., 330 f.
[16]
Näher K. Ipsen, Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, SS 22 Rdnr.
27.
[17]
Ebensowenig im Falle einverständlicher Dismembration, wie im Falle
der Tschechoslowakei, vgl. die ausführliche Darstellung von M.
Ho[Sinvcircumflex]ková, Die Selbstauflösung der CSFR, ZaöRV,
Bd. 53 (1993), S. 689 ff.; unklar die Unterscheidung zwischen "reconnaissance"
und "acceptation" im Verhältnis zum Vertragsrecht bei H. Ruiz Fabri,
Genèse et disparition de l'État à l'époque
contemporaine, AFDI, Vol. 38 (1992), S. 154 ff., 173. Zu den verschiedenen
Kategorien der Staatensukzession vgl. statt anderer U. Fastenrath,
Das Recht der Staatensukzession, BDGV, Bd. 35 (1996), S. 9 ff., 14.
[18]
Vgl. W. Fiedler, a.a.O. (Anm. 11), S. 71 f.
[19]
Vgl. J. Charpentier, Les déclarations des Douze sur la reconnaissance
des nouveaux États, RGDIP, Vol. 96 (1992), S. 343 ff., 347 ff.
[20]
Einzelheiten bei W. Hummer, Probleme der Staatennachfolge am Beispiel
Jugoslawien, RSDIE/SZIER, Vol. 3 (1993), S. 425 ff., 432 ff., 437 ff.;
M. Weller, The International Response to the Dissolution of the
Socialist Federal Republic of Yugoslavia, AJIL, Vol. 86 (1992), S. 569
ff.
[21]
Zur politischen Motivation innerhalb der EG vgl. L. Lak, The Involvement
of the European Community in the Yugoslav Crisis During 1991, Yearbook
of European Studies, Vol. 5 (1992), S. 175 ff.; J.F. Weiss, Succession
of states in respect of treaties concluded by the European Communities,
Sociaal Economische Wetgeving 1994, S. 661 ff.
[22]
Zu den Aktivitäten der Vereinten Nationen, insbes. des UN-Sicherheitsrats
vgl. die Nachweise ILM, Vol. 31 (1992), S. 1427 ff.; D. Petrovic, L.
Condorelli, L'ONU et la Crise Yougoslave, AFDI, Vol. 38 (1992), S.
32 ff.
[23]
ILM, Vol. 31 (1992), S. 1486 f. Im folgenden zit. als "guidelines".
[24]
ILM, Vol. 31 (1992), S. 1533 ff.
[25]
ILM, Vol. 31 (1992), S. 1485 ff., 1487.
[26]
Näher J. Charpentier, insbes. zur "reconnaissance concertée",
a.a.O. (Anm. 19), S. 345 f.
[27]
S.o. Anm. 14.
[28]
Näher M. Ragazzi, ILM 31 (1992), S. 1488 ff.
[29]
Zu ihrer kritischen Bewertung vgl. A. Pellet, a.a.O. (Anm. 15);
ders., AFDI, Vol. 38 (1992), S. 220 ff.; ders., AFDI, Vol.
39 (1993), S. 287 ff.; Th. Schweisfurth, a.a.O. (Anm. 13), S. 77
ff., 85 ff., 161 f.; W. Hummer, a.a.O. (Anm. 20), S. 441 ff.
[30]
ILM, Vol. 32 (1993), S. 1587.
[31]
ILM, Vol. 32 (1993), S. 1588.
[32]
Ebd.
[33]
Ebd.
[34]
Ein künftiges Inkrafttreten wird in der Literatur nicht mehr angenommen.
[35]
Selbst wenn die Kodifikation die Staatenpraxis "does not accurately reflect",
P.R. Williams, a.a.O. (Anm.8), S. 8; vgl. Opinion Nr. 1, ILM, Vol.
31 (1992), S. 1495.
[36]
Zur Bedeutung der Kodifikationen von 1978 und 1983 etwa O. Schachter,
State Succession: The Once and the Future Law, VirgJIL, Vol. 33 (1993),
S. 253 ff., 257; D.F. Vagts, ebd., S. 275 ff., 294 f.; R. Mullerson,
New Developments in the Former USSR and Yugoslavia, ebd., S. 299 ff. Ausführlich
Th. Schweisfurth, a.a.O. (Anm. 13), S. 191 ff.
[37]
Zur Fixierung des 21. Dez. 1991 als Datum des Untergangs der Sowjetunion
Th. Schweisfurth, Vom Einheitsstaat (UdSSR) zum Staatenbund (GUS),
ZaöRV, Bd. 52 (1992), S. 541 ff., 636 ff.
[38]
Vgl. etwa die Diskussion um den "Fortsetzer"-Staat, statt anderer Th.
Schweisfurth, a.a.O. (Anm. 13), S. 111 ff.
[39]
Vgl. statt anderer W. Hummer, a.a.O. (Anm. 20), S. 431 ff.
[40]
Vgl. z. B. J.A. Frowein, Die Identität der Bundesrepublik Deutschland
als Völkerrechtssubjekt, in: J. Isensee, P. Kirchhof, Handbuch
des Staatsrechts, Bd. VIII (1995), SS 196 ff., bes. Rdnr. 5 f. Zur allgemeinen
Problematik vgl. K. Marek, Identitiy and Continuity of States in
Public International Law, 2. Aufl., 1968, S. 5 f.
[41]
Vgl. J. Crawford, The Creation of States in International Law, 1979,
S. 401 f.; W. Fiedler, a.a.O. (Anm. 11), S. 29.
[42]
Eindringlich zur praktischen Bedeutung des Problems P.R. Williams,
a.a.O. (Anm. 8), passim.
[43]
Vgl. etwa M.P. Scharf, Musical Chairs: The Dissolution of States
and Membership in the United Nations, Cornell Int.LJ, Vol. 28 (1995), S.
29 ff.; K.J. Partsch, Belgrads leerer Stuhl im Glaspalast,
VN 1992, S. 181 ff.
[44]
Vgl. statt anderer M.P. Scharf, a.a.O. (Anm. 43), S. 43 ff.
[45]
Vgl. nur J.A. Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht,
1968; K. Ipsen, a.a.O. (Anm. 16), Rdnr. 13.
[46]
Nachweise bei W. Fiedler, Die Kontinuität des deutschen Staatswesens
im Jahre 1990, AVR, Bd. 31 (1993), S. 333 ff., 340; zutreffend stellt J.A.
Frowein fest: "The responsibility which the Four Powers had carried
for Germany as a whole (...) was a sort of framework which held the parts
of Germany together", Germany reunited, ZaöRV, Bd. 51 (1991), S. 333
ff., 347 f. Auch hier zeigte sich, wie in bezug auf das Völkergewohnheitsrecht,
daß "der Augenblick weniger zählt als das Kontinuierliche",
R. Bernhardt, Ungeschriebenes Völkerrecht, ZaöRV, Bd.
36 (1976), S. 50 ff., 68.
[47]
Näher W. Fiedler, a.a.O. (Anm. 46), S. 340 ff. Zur Anwendung
der Regelungen über die Staatensukzession im Falle Deutschlands vgl.
St. Oeter, a.a.O. (Anm. 13); U. Fastenrath, Die Regelungen
über die Staatennachfolge bei der Vereinigung der beiden deutschen
Staaten, Verf. u. Recht in Übersee, Vol. 25 (1992), S. 67 ff.; ders.,
Der deutsche Einigungsvertrag im Lichte des Rechts der Staatennachfolge,
AJPIL/ÖZöRV, Bd. 44 (1992), S. 1 ff.
[48]
Vgl. K. Marek, a.a.O. (Anm. 40), S. 367 f.
[49]
Näher ebd., S. 73 ff.
[50]
Zur Menschenrechtsförderung durch die Vereinten Nationen kritisch
B. Simma, Human Rights, in: Ch. Tomuschat, The United Nations
at Age Fifty, 1995, S. 263 ff.
[51]
Vgl. statt anderer L. Henkin, Human Rights, in: R. Bernhardt
(ed.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 2 (1995), S. 886
ff.; Th. Meron, Human Rights and Humanitarian Norms as Customary
Law, 1989; R. Wolfrum, The Progressive Development of Human Rights:
A Critical Appraisal of Recent UN Efforts, in: FS Partsch, 1989, S. 67
ff.; O. Kimminich, Die Menschenrechte in der Friedensregelung nach
dem Zweiten Weltkrieg, 1990, S. 61 ff.
[52]
Vgl. W. Fiedler, a.a.O. (Anm. 46), S. 351 f.
[53]
Vgl. W. Fiedler, Staatensukzession und Menschenrechte, FS Kriele,
1997, i. Dr.
[54]
Vgl. W. Karl, Protest, in: R. Bernardt (ed.), Encyclopedia
of Public International Law, Vol. 9 (1986), S. 320 ff.
[55]
Vgl. G. Cansacchi, Identité et continuité des sujets
internationaux, RdC, Vol. 130 (1970) II, S. 1 ff.
[56]
Vgl. G. Winkler, a.a.O. (Anm. 1), S. 318 ff., 319, 322.
[57]
Anders wohl M. Huber, Die Staatensuccession, 1898, S. 5. Zur Schwierigkeit
der Abgrenzung im konkreten Fall der Baltischen Staaten M. Koskenniemi,
M. Lehto, La succession d'États dans l'Ex-URSS, en ce qui concerne
particulièrement les relations avec la Finlande, AFDI, Vol. 38 (1992),
S. 179 ff., 197 f.
[58]
Diese Problematik betrifft neben den Fällen Äthiopiens, Österreichs
und der Tschechoslowakei auch die Problematik der Baltischen Staaten.
[59]
Vgl. I. Seidl-Hohenveldern, Österr. Handbuch des Völkerrechts,
Bd. 1, 2. Auflage, 1991, Rdnr. 781.
[60]
A. Verdross, Die völkerrechtliche Identität von Staaten,
FS Klang, 1950, S. 18 ff., 20.
[61]
Vgl. auch K. Marek, a.a.O. (Anm. 40), S. 366 ff.
[62]
Vgl. auch W. Fiedler, a.a.O. (Anm. 11), S. 105 ff.
[63]
A.a.O. (Anm. 1), S. 554.
[64]
Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., 1929, Nachdruck 1976, S. 477.
[65]
Hans Kelsen, Das Problem der Souveränität und die Theorie
des Völkerrechts, 1928, S. 241.
[66]
Erklärung zur Aussetzung der Wirksamkeit der Vier-Mächte-Rechte
und
-Verantwortlickeiten vom 1.10.1990 in New York, Veröff. des deutschen
Wortlauts am 2.10.1990 (BGBl II S. 1331), abgedruckt bei K. Stern, B.
Schmidt-Bleibtreu (Hrsg.), Verträge und Rechtsakte zur Deutschen
Einheit, Bd. 3, 1991, S. 91.
[67]
Vgl. dazu J. Hacker, Die Interpretation der Drei- und Vier-Mächte-Beschlüsse
über Deutschland von 1944/45 durch die UdSSR und DDR, in: Das Potsdamer
Abkommen, III. Teil: Rückblick nach 50 Jahren, 1996, S. 135 ff., 153.
[68]
Vgl. allgemein G. Ress, Guarantee, Encyclopedia of Public International
Law, Vol. 2 (1995), S. 626 ff.; bzgl. der Grenzen Deutschlands, ders.,
Die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland: Garantiefunktion
der Vier Mächte?, in: FS Bernhardt, 1995, S. 825 ff., 838 ff.; zu
neueren Fällen der Sicherheits-Garantie H. Ruiz Fabri, a.a.O.
(Anm. 17), S. 174 ff.
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