Wilfried Fiedler
Die Alliierte (Londoner) Erklärung
vom 5.1.1943: Inhalt, Auslegung und Rechtsnatur in der Diskussion der Nachkriegsjahre
Am 5.1.1943 ist in London von "den großen Fünf", den britischen Dominien
und den Exilregierungen der von Deutschland besetzten Länder folgende
Erklärung herausgegeben worden[1]:
Inter-Allied Declaration
Against Acts of Dispossession Committed in Territories under
Enemy Occupation or Control, January 5, 1943
Declaration
The Union of South Africa, the United States of America,
Australia, Belgium, Canada, China, the Czechoslovak Republic, the United
Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, the Union of Soviet Socialist
Republics, Greece, India, Luxembourg, the Netherlands, New Zealand, Norway,
Poland, Yugoslavia, and the French National Committee;
Hereby issue a formal warning in all concerned, and in particular
to persons in neutral countries, that they intend to do their utmost to
defeat the methods of dispossession practiced by the governments with which
they are at war against the countries and peoples who have been so wantonly
assaulted and despoiled.
Accordingly, the governments making this declaration and
the French National Committee reserve all their rights to declare invalid
any transfers of, or dealings with, property, rights and interests of any
description whatsoever which are, or have been, situated in the territories
which have come under the occupation or control, direct or indirect, of
the governments with which they are at war or which belong or have belonged,
to persons, including juridical persons, resident in such territories.
This warning applies whether such transfers or dealings have taken the
form of open looting or plunder, or of transactions apparently legal in
form, even when they purport to be voluntarily effected.
The governments making this declaration and the French National
Committee solemnly record their solidarity in this matter.
London, January 5th, 1943
Alliierte Erklärung
über die in den vom Feinde besetzten oder unter seiner
Kontrolle stehenden Gebieten begangenen Enteignungshandlungen vom 5. Januar
1943
Die Regierungen der Süd-Afrikanischen Union, der Vereinigten
Staaten von Amerika, Australiens, Belgiens, Canadas, Chinas, der Tschechoslowakischen
Republik, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland,
Griechenlands, Indiens, Luxemburgs, der Niederlande, Neu-Zeelands, Norwegens,
Polens, der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken, Jugoslawiens und
der Französische Nationalausschuß:
Warnen hiermit ausdrücklich sämtliche in Frage kommenden
Personen und insbesondere diejenigen, die in neutralen Ländern wohnhaft
sind, daß sie mit allen Mitteln danach streben werden, die Enteignungsmethoden
zu vereiteln, die von den Regierungen, mit denen sie in Feindseligkeiten
begriffen sind, den schimpflich angegriffenen und beraubten Nationen und
Völkern gegenüber gebraucht werden.
Infolgedessen behalten sich die diese Erklärung abgebenden
Regierungen und der Französische Nationalausschuß das Recht vor, jede
Übertragung und Veräußerung von Eigentum, Guthaben, Rechten und Anrechten,
welcher Natur sie auch seien, für nichtig zu erklären, die sich in den
von den Regierungen, mit denen sie in Feindseligkeiten begriffen sind,
besetzten oder mittelbar oder unmittelbar kontrollierten Gebieten befinden
oder befunden haben, oder die im Besitz von den in den betreffenden Gebieten
wohnhaften Personen (einschließlich der juristischen Personen) sind oder
gewesen sind. Die gegenwärtige Warnung gilt auch, wenn solche Übertragungen
oder Veräußerungen unter der Form eines offensichtlichen Raubes oder
scheinbar gesetzmäßiger Geschäfte vorgenommen worden sind, und selbst,
falls es angegeben wird, daß die besagten Übertragungen oder Veräußerungen
ohne jeden Zwang getätigt worden sind.
Die diese Erklärung abgebenden Regierungen und der Französische
Nationalausschuß stellen ihre Solidarität in dieser Frage ausdrücklich
fest.
London, den 5. Januar 1943
Bedeutung erlangte diese Erklärung im besonderen Maße in den Nachkriegsjahren,
in denen sie als Grundlage für die Restitutionen in Deutschland sowie
den anderen im Krieg mit Deutschland verbündeten Staaten ("Achsenmächte")
diente. Ihre Bedeutung über die Nachkriegsjahre hinaus läßt sich insbesondere
auf die umstrittene Praxis der alliierten Besatzungsmächte bei der Durchführung
der Restitutionen in Deutschland[2]
zurückführen, welche bis heute und aller Wahrscheinlichkeit nach auch
in der Zukunft eigentumsrechtliche Fragen aufwirft und aufwerfen wird[3].
Sowohl für das Privatrecht als auch für das Völkerrecht wirft die Erklärung
erhebliche Fragen auf, die zugleich für die breiten Arbeitsgebiete von
Kurt
Siehr
kennzeichnend sind.
Im folgenden soll unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsliteratur
in den unmittelbaren Nachkriegsjahren[4]
versucht werden zu analysieren, was im Einzelnen die "Londoner Erklärung"
regelt und welche Rechtsverbindlichkeit ihrem Inhalt zukommt. Schwerpunkt
der Untersuchung wird die Frage sein, wieweit der private Geschäftsverkehr
außerhalb staatlicher Betätigung in den von Deutschland und seinen Verbündeten
besetzten Gebieten von der Erklärung betroffen war – und rechtlich sein
konnte.
1. Begriff der Restitution
Das aus dem lateinischen "restituere" stammende Wort "Restitution"
bedeutet soviel wie "Wiederherstellung" und fand Eingang in das Völkerrecht
im Laufe des 19. Jahrhunderts, als sich im Völkerkriegsrecht der Grundsatz
der Unverletzlichkeit feindlichen Privateigentums entwickelte[5].
Dieser Grundsatz wurde in der Haager Landkriegsordnung (HLKO)
vom 18.10.1907 (vgl. insbesondere die Art. 46 f. sowie Art. 53 HLKO) kodifiziert,
vor allem aber in den verschiedenen Friedens- und Waffenstillstandsverträgen,
beginnend mit dem “Pariser Frieden” von 1814 bis hin zum "Versailler
Vertrag" von 1919[6],
der auch (und vor allem) staatliches Eigentum umfaßte.
In einem Versuch, einen allgemeinen und unspezifischen Tatbestand
der Restitution aus diesen Verträgen (die sehr viel weitergehend als die
HLKO sind) zu entnehmen, kann "Restitution" beschrieben werden als die
Rückgabe von Gegenständen in natura, welche eine Kriegspartei während
des Krieges aus dem Hoheitsgebiet der anderen Kriegspartei unter ganz
bestimmten Umständen
entfernt hatte und welche nach Beendigung eines
Krieges auf dem Hoheitsgebiet der einen Kriegspartei noch feststellbar
sind[7].
Diesen "ganz bestimmten Umständen" der einzelnen Friedensverträge ist
gemeinsam, daß bis zum Ende des 2. Weltkrieges offenbar nur einseitige
Wegnahmehandlungen ("enlever", "saisir" oder "sequestrer") als restitutionspflichtige
Akte angesehen wurden[8].
Die Londoner Erklärung hingegen umfaßt dem Wortlaut nach
auch vertragliches Handeln ("dealings", "transactions apparently legal
in form").
Dem trägt auch die bereits angesprochenen Praxis der Besatzungsmächte
Rechnung, die – unter Berufung auf die Londoner Erklärung, welche als
offizielle Handlungs- und Rechtsgrundlage jedoch erst in der Kontrollratsdirektive
vom 21.1.1946[9]
genannt wird - sehr umfangreich auch vertraglich erworbene Güter in das
Ursprungsland zurückführten[10].
Diese Praxis stieß auf einhellige Ablehnung in der deutschen
Rechtsliteratur der Nachkriegsjahre. Während einige anhand der Londoner
Erklärung sowie der Militärgesetzgebung versuchten, die Ungesetzlichkeit
des Vorgehens der Besatzungsmächte nachzuweisen[11],
verwarfen andere, ohne sich zunächst mit der genannten Gesetzgebung auseinanderzusetzen,
bereits die völkerrechtliche Legitimation zu einem solchen Vorgehen[12].
Für eine rechtliche Bewertung der Nachkriegsgeschehnisse in
Bezug auf Restitutionsfragen bedarf es indes der Beachtung beider Blickwinkel.
Dies schon alleine deshalb, weil jeder dieser beiden für sich zu kurz
greift: Wer nur die Sichtweise des Völkerrechts, wie es zu Vorkriegszeiten
anerkannt wurde, ohne Beachtung der Inhalte Alliierter Erklärungen berücksichtigt,
übersieht den Einfluß, den diese auf das Völkerrecht gehabt haben mögen.
Auf der anderen Seite mag die Analyse alliierter Vorschriften die zu jener
Zeit sachlich hilfreichere Methode gewesen sein, Rechtsverletzungen zu
begegnen oder vorzubeugen. Für eine umfassende rechtliche Würdigung der
Gesamtumstände reicht sie freilich ebenfalls nicht aus. Es geht folglich
zunächst darum, den Regelungsgehalt der Londoner Erklärung zu ermitteln
und dann zu überprüfen, in welchem Verhältnis sie zum geltenden Völkerrecht
steht.
2. Der Regelungsgehalt der Londoner Erklärung
Inhaltlich gliedert sich die Londoner Erklärung in zwei rechtlich
bedeutsame Teile auf. Absatz 2 enthält eine Warnung, gerichtet insbesondere
an Bewohner neutraler Staaten, daß die Erklärenden die Enteignungsmethoden
der Regierungen der Achsenmächte zunichte zu machen anstreben.
In Absatz 3 wird der Vorbehalt ausgesprochen, jede Übertragung
von Eigentum und sonstigen Rechtspositionen für nichtig zu erklären,
die in den besetzten Gebieten vorgenommen wurde.
Hinsichtlich der nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland durchgeführten
Restitutionen stehen insbesondere zwei Fragen im Vordergrund:
1. Gilt der Vorbehalt, alle Übertragungen für nichtig zu
erklären, absolut oder nur innerhalb der in Absatz 3 Satz 2 genannten
Beschränkungen, d.h. nur hinsichtlich "scheinbar gesetzmäßiger Geschäfte",
bei welchen nur behauptet wird, sie seien ohne jeden Zwang zustande
gekommen?
2. Berührt der Vorbehalt der Nichtigkeitserklärung den gutgläubigen
Erwerb von aus den besetzten Gebieten stammenden Objekten?
2.1 Reichweite des Nichtigkeitserklärungsvorbehalts
Zunächst erscheint der Inhalt der Londoner Erklärung widersprüchlich.
Während in Absatz 2 davon die Rede ist, die Enteignungsmethoden
der Regierungen der Achsenmächte zunichte zu machen ("to defeat the methods
of dispossession" wird in Absatz 3 demgemäß ("accordingly") der
Vorbehalt erklärt, jede Übertragung und Veräußerung von Eigentum
(...) für nichtig zu erklären
("to declare invalid any transfers
of, or dealings with, property"). Diese Warnung, Enteignungsmethoden vereiteln
zu wollen, einerseits und die Aussage, "demgemäß" auch sonstige Übertragungsakte
für nichtig erklären zu können andererseits, erscheint nicht recht kohärent.
Eugen
Langen
und Ernst Sauer
kommen daher zu dem Schluß, daß "[w]ollte
man diese Erklärung als materielles Völkerrecht behandeln, so wäre sie
schon wegen eines inneren Widerspruches hierzu schlecht geeignet[13]".
In der Tat war das Vorgehen der Alliierten in der Restitutionsfrage
eher von Widersprüchen geprägt, als von klaren Vorgaben. So belegen Statistiken[14]
und Aussagen des amerikanischen Militärgoverneurs General Clay[15],
daß zunächst alles, was aus den ehemals besetzten Gebieten stammte, eingezogen
und zurückgeführt wurde, ohne daß sich die deutschen Besitzer zu den
Erwerbsumständen äußern konnten. So berichtet Hans Weber, daß
bis zum November 1947 in der amerikanischen Besatzungszone sogar jenes
Gut für restitutionspflichtig erachtet wurde, das Deutsche in das besetzte
Gebiet hinein- und später wieder herausgebracht hatten[16].
Erst Ende 1947 wurde Deutschen die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Restitutionsbegehren
ausländischer Regierungen zu äußern[17].
Angesichts der Regelung im bereits angesprochenen Kontrollratsabkommen
vom Januar und März 1946, daß "die Frage der Rückerstattung von Eigentum,
das von den Deutschen aus den alliierten Ländern entfernt ("removed")
wurde, [...] in allen Fällen unter dem Gesichtspunkt ("in the light
of
") der Erklärung vom 5. Januar 1943 geprüft werden [muß]"[18],
läßt dieses uneinheitliche Vorgehen den Schluß zu, daß eine von Anfang
an verbindliche Auslegung der Erklärung seitens der Alliierten nicht existierte[19].
Unklar war insbesondere die Frage, ob die Erklärung tatsächlich
alle Übertragungen in den besetzten Ländern unter den Vorbehalt der Nichtigkeitserklärung
stellt, wie der Eingangssatz des Abs. 3 (“to declare invalid any transfers”)
suggeriert, oder nur das unter Zwang Erworbene, worauf der letzte Satz
des Abs. 3 (“transactions apparently legal in form, even when they purport
to be voluntarily effected”) hindeutet.
In der zeitgenössischen Literatur wurde die erste der beiden
Auslegungsmöglichkeiten ganz überwiegend abgelehnt[20].
Der Amerikaner L.H. Woolsey
schrieb schon 1943, daß "[t]he warning
apparently contemplates singling out the dealings which are illegal or
which are directly or indirectly the result of undue military pressure
and compulsion"[21].
Unter den Nachkriegsautoren vermutet lediglich
Hans Dabelstein
hinter
dem Vorbehalt, jede Übertragung von Vermögensgegenständen für nichtig
zu erklären “den alten anglo-amerikanischen Grundsatz, der jedes ‚trading
with the enemy‘ verbietet”[22].
Diese Auffassung erscheint indes kaum haltbar, betrachtet man die Urteilsbegründung
im Nürnberger IG-Farben-Prozeß vom 29./30.7.48 durch das Militärgericht
VI der USA[23].
Gerade hinsichtlich der Frage, ob Rechtsgeschäfte von Deutschen in den
besetzten Gebieten als wirksam zu betrachten sind, stellt es klar, daß
das Völkerrecht es nicht verbietet, Handel in besetzten Gebieten zu betreiben.
Wörtlich heißt es (in der Übersetzung): "Vergeblich suchen wir in den
Haager Bestimmungen eine Vorschrift, welche die weitgehende Auffassung
rechtfertigen würde, daß private Bürger des Landes, das die militärische
Besetzung durchführt, auch dann nicht das Recht haben, in besetzten Gebieten
Verträge über Vermögenswerte abzuschließen, wenn die Einwilligung des
Inhabers tatsächlich freiwillig gegeben wird"[24].
Die Londoner Erklärung wird in sofern nicht als hierzu im Widerspruch
stehend eingestuft.
Hans Weber[25]
führt hinsichtlich des oben angeführten "inneren Widerspruchs" zwischen
Abs. 2 und Abs. 3 aus: "Hier werden also scheinbar Gegenstände für künftige
Restitutionen vorgesehen, die ohne jeden Zwang in den besetzten Gebieten
erworben worden waren. Doch ist dies nur scheinbar der Fall. Denn die Londoner
Erklärung richtet sich doch gegen die Enteignungshandlungen der Achsenmächte
in den besetzten Gebieten. Im 1. Abs. (gemeint ist der 2. Abs., der Verf.)
erklären die Alliierten, daß sie mit allen Mitteln danach streben werden,
die Enteignungsmethoden der Achsenmächte zu vereiteln. Der 2. Abs. (gemeint
ist der 3. Abs., der Verf.) ist nichts anderes als ein Vorbehalt, der es
gegebenenfalls ermöglichen soll, jede Enteignungshandlung zu erfassen,
selbst wenn sie sich unter einem scheinbar gesetzmäßigen Geschäft verbirgt
und selbst, wenn die Ausrede gebraucht wird, daß die betreffende Übertragung
oder Veräußerung ohne jeden Zwang getätigt worden ist." Ferner verweist
er auf die Formulierung in der Londoner Erklärung “...und selbst, falls
es angegeben wird, daß die besagten Übertragungen oder Veräußerungen
ohne jeden Zwang getätigt worden sind”, in der es eben nicht heißt:
“...und selbst, wenn die besagte Übertragung ohne jeden Zwang getätigt
worden ist”. In der Tat erscheint Abs. 3 Satz 2 der Londoner Erklärung
sinnlos, sofern er nicht als Einschränkung des Satzes 1 gewertet wird.
Schließlich wird für diese Auslegung Art. 75 des als “Modellvertrag”
angesehenen[26]
Italienischen Friedensvertrages herangezogen, nach dem Italien die Prinzipien
der Londoner Erklärung akzeptiert (Ziff. 1)[27].
In Ziff. 2 heißt es: "The obligation to make restitution applies to all
identifiable property at present in Italy which was removed by force and
duress...". Nach Weber kann diese Definition restitutionspflichtiger
Akte in Ziff. 2 ("unter Anwendung von Gewalt und Zwang entfernt") zugleich
als eine Art Legaldefinition der "Enteignungshandlungen" ("dispossessions")
der Londoner Erklärung angesehen werden[28].
Weiter gab es in den Nachkriegsjahren Unstimmigkeiten, wie
der Begriff “looting” (Raub) auszulegen sei. W. G. Downey[29]berichtet
von Restitutionsansprüchen verschiedener Regierungen (u.a. Ungarns, Polens,
Jugoslawiens, Belgiens und Norwegens) hinsichtlich von Gegenständen der
Militärausrüstung. Sie betrachteten alles von den deutschen Streitkräften
beschlagnahmte Eigentum als "looted" i.S.d. Londoner Erklärung. Diese
Einschätzung beachtete aber nicht hinreichend die im Kriegsrecht seit
1907 geltende HLKO, welche in Art. 53 Abs. 1 regelt, welche Gegenstände
legal
beschlagnahmt
werden können. Diese unterliegen auch nicht einer späteren Restititutionspflicht[30].
Downey
führt hierzu aus: “However, in these and similar cases, because of the
Declaration of London, it was necessary to establish that such captured
enemy property had not been ‚looted‘ by the German forces”[31].
Die auf diese Weise beschlagnahmten Gegenstände fallen folglich auch nicht
unter den Nichtigkeitserklärungsvorbehalt.
2.2 Gutgläubiger Erwerb
In den Verhandlungen, die der Londoner Erklärung vorausgingen,
wurde auch die Frage des guten Glaubens angesprochen. Speziell mit Bezug
auf Deutschland wurde die Rückgabe des von den besetzten Gebieten stammenden
Eigentums gefordert, "selbst wenn es der letzte deutsche Besitzer durch
klipp und klare Zahlung erworben hatte"[32].
Diese Forderung findet sich etwas verborgen in der Londoner Erklärung
wieder, wenn von Übertragungen von Eigentum u.a. die Rede ist, welches
sich in den besetzten Gebieten befunden hat ("...or have been situated
in the territories which have come under the occupation or control...")
. Der Nichtigkeitserklärungsvorbehalt betrifft also auch den gutgläubigen
Erwerb von Eigentum, welches unter den oben genannten Umständen erlangt
wurde.
3. Rechtsnatur der Erklärung
Der Frage, welche Rechtsnatur der Londoner Erklärung zukommt
oder welche sie beansprucht, wird in den Kommentaren zur Restitutionsfrage
in Deutschland nur geringe Beachtung geschenkt.
Dies mag daran liegen, daß sie nicht auf eine direkte Rechtsfolge
gerichtet ist. Stellvertretend für die insoweit in der Literatur bestehende
Einigkeit sei L.H. Woolsey
zitiert, der befindet: "However, it goes
not further than to reserve the right to declare such dealings invalid"[33].
Es handelt sich damit lediglich um eine Vorankündigung späterer Forderungen
auf Restitutionen[34].
Von dem Vorbehalt, die in Absatz 3 der Londoner Erklärung genannten Übertragungen
für nichtig zu erklären, haben die Alliierten auch nach Beendigung des
Krieges keinen Gebrauch gemacht. Es wäre ohnehin äußerst fraglich gewesen,
welche Bedeutung eine Erklärung der 17 Erklärungsparteien für das innerstaatliche
Zivilrecht der eigenen und auch fremder Länder zugekommen wäre[35].
Nach L. H. Woolsey[36]
sind nur die legitimen Regierungen der einzelnen besetzten Staaten dazu
berechtigt, Rechtsgeschäfte für nichtig zu erklären. Diese Autorität
sei bei den Parteien der Erklärung aber überwiegend zweifelhaft.
Man mag fragen, warum nicht schlicht erklärt wurde, daß nach
der Niederwerfung der Achsenmächte alles mit Gewalt und Zwang fortgenommene
Eigentum zurückverlangt werde. Werner Wilmanns[37]
zufolge erklärt sich dies "aus der besonderen Rechtslage, die hinsichtlich
des in neutralen Ländern befindlichen fortgenommenen Eigentums vorauszusehen
war. Gegenüber den neutralen Ländern konnten die Erklärenden nicht erwarten,
völkerrechtliche Rechte des Siegers oder etwaiger Friedensverträge geltend
zu machen. Ihnen gegenüber können nur Ansprüche durchdringen, die auf
das ursprüngliche privatrechtliche Eigentum der Geschädigten gegründet
sind." Möglicherweise war es die zweifelhafte Rechtsverbindlichkeit, welche
die Alliierten von der Nichtigkeitserklärung Abstand nehmen ließ.
Die Rolle der Londoner Erklärung in der Restitutionsfrage
ist vor allem daher schwierig in rechtliche Begriffe zu kleiden, weil sie
nicht, wie in Italien, Bestandteil eines Friedensvertrags wurde. Daß sie
aber auch in Deutschland für höchst bedeutend gehalten wurde, ergab sich
bereits aus ihrer Erwähnung in nahezu jeder Abhandlung zum Thema Restitutionen.
Eine rechtliche Zuordnung wird indes zumeist vermieden. Erich Kaufmann
bezeichnet
sie rechtlich neutral als "Ausgangspunkt" der alliierten Restitutionspolitik[38],
enthält sich weiter aber jeder rechtlichen Zuordnung. G. Schmoller/
H. Maier/ A. Tobler
immerhin gestehen ihr deklaratorischen Charakter
zu[39],
ohne diese Einschätzung allerdings näher zu begründen.
Anders verhält es sich in der US-Amerikanischen Literatur.
W.
G. Downey[40]
beschreibt deutlich das Verhältnis des geschriebenen und ungeschriebenen
Völkerrechts zur Londoner Erklärung, indem er ausführt: "Certainly it
would not be maintained on any legal ground that the Declaration of London
invalidated or rendered inoperative the unwritten rules of the international
law of war or the written rules contained in the Hague and Geneva Conventions."
Ähnlich auch Jacob Robinson[41]:
"Moreover, [the Declaration] does not attempt to fill out the existing
gaps in international law."
Es konnte somit die Feststellung als konsensfähig erachtet
werden, daß die Londoner Erklärung bestehendes Völkerrecht nicht abändert.
Es fragt sich somit, mit welcher Berechtigung sie "Ausgangspunkt" der Restitutionen
in Deutschland wurde. Das Militärgericht VI der USA führt im erwähnten
Nürnberger IG-Farben-Prozeß dazu aus: "Zwar stellt die interalliierte
Erklärung kein Gesetz dar und hätte nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattet
werden können [...]; es ergibt sich aber aus der Erklärung, daß Verletzungen
der in der Erklärung genannten Rechte von den Signatarmächten als Handlungen
angesehen werden, die einen Verstoß gegen das bestehende Völkerrecht
darstellen"[42].
Setzt somit die Londoner Erklärung kein Völkerrecht
und ist insofern nur deklaratorischer Natur, so geht ihre rechtliche Bedeutung
doch so weit, wie sie Völkerrecht enthält.
4. Der Völkerrechtsgehalt der Londoner Erklärung
Der Inhalt der Londoner Erklärung könnte unproblematisch
Grundlage von Rückforderungen gegenüber deutschen Erwerbern von Gegenständen
(Immobilien seien hier ausgeklammert) in den im Krieg besetzten Gebieten
gewesen sein, wenn ein völkerrechtlicher Restitutionstatbestand dies vorgesehen
hätte.
Völkerrechtlich anerkannt sind weithin die Normen der HLKO,
welche jedoch nur einen Teilbereich der durch die Londoner Erklärung umfaßten
Tatbestände abdeckt. Als eindeutige Restitutionsvorschrift kann lediglich
Art. 53 Abs. 2 HLKO (Rückgabepflicht von beschlagnahmten Kriegsmitteln,
die im Privateigentum standen) genannt werden. Gleiches muß aber "a majore
ad minus" auch für Verletzungen des Art. 46 HLKO (i.V.m. Art. 3 HLKO)
gelten, so daß auch hier Restitution verlangt werden kann. Abgedeckt sind
hierbei die Handlungen der zur bewaffneten Macht einer Kriegspartei gehörenden
Personen (Art. 3 HLKO). Für die Frage, in welchen Fällen Art. 46 HLKO
als verletzt anzusehen ist, liegen in der Londoner Erklärung in Reaktion
auf das Vorgehen von Angehörigen der deutschen Streitkräfte (inkl. des
Verwaltungspersonals)[43]
bedenkenswerte Ansätze für dessen "Neu"-Auslegung. Diese könnte dazu
führen, daß auch formell rechtsgeschäftliches Handeln unter den Tatbestand
der "Einziehung" bzw. der "Nichtachtung" fremden Privateigentums in Art.
46 HLKO fallen kann. Es ist aber weder auf Seiten der Alliierten noch der
deutschen Literatur hinsichtlich Restitutionsfragen jemals dieser Möglichkeit
nachgegangen worden[44].
Ausgegangen wird durchweg von der Existenz eines allgemeinen völkerrechtlich
anerkannten Restitutionstatbestands. Für die vorliegende Untersuchung
ist der möglicherweise aus der HLKO abzuleitende Restitutionsbegriff aber
nicht von übergeordneter Bedeutung, da die HLKO Handlungen von Privatpersonen,
um die es hier in der Hauptsache gehen soll, ohnehin nicht erfaßt.
Die Begründung eines über die HLKO hinausgehenden ungeschriebenen,
d.h. "völkergewohnheitsrechtlichen" Tatbestands gestaltet sich jedoch
äußerst schwierig. Ist den vorliegenden Friedensverträgen noch ein gewisser
Konsens, also eine für die Entstehung von Gewohnheitsrecht erforderliche
gleichbleibende Übung, hinsichtlich der Restitutionsvoraussetzungen zu
entnehmen, so wird dagegen weit weniger einfach die notwendige allgemeine
Rechtsüberzeugung, eine "opinio iuris vel necessitatis" nachzuweisen sein.
Denn auch wenn Friedensverträge einfache völkerrechtliche Verträge darstellen,
die als solche unbestritten bei entsprechend gleichartigen Vertragsbestimmungen
zu allgemein geltendem Völkerrecht erstarken können, so darf nicht übersehen
werden, daß es sich bei diesen Verträgen um die Vorlage von Bedingungen
der Sieger an die Besiegten im Krieg handelte, die letztere unter Zwang
annehmen mußten. Dementsprechend wird auf Seiten der Besiegten kaum von
einer Rechtsüberzeugung hinsichtlich der Vertragsinhalte gesprochen werden
können, zumal Restitutionen zumeist nur von ihrer Seite geleistet werden
mußten[45].
Aus diesen Überlegungen wird gefolgert werden müssen, daß ein auf Gewohnheitsrecht
oder auf allgemeiner Rechtsüberzeugung basierender völkerrechtlicher
Restitutionstatbestand außerhalb der HLKO hinaus nicht existiert[46]
- oder zumindest zur Zeit der alliierten Besatzung noch nicht existierte.
Bestärkt wird diese Auffassung durch die Tatsache, daß das Thema "Restitution"
im hier behandelten Sinne in den Völkerrechtslehrbüchern der heutigen
Zeit nahezu nicht vorkommt. Immerhin, in einem kurzen Absatz und in Übereinstimmung
mit der hier vertretenen Auffassung, schreibt D.W. Greig
: "It is
doubtful whether there is any right to restitution under customary international
law except perhaps in relation to territory (...) it is probably more correct
to say that an international tribunal has no power to decree restitution
unless that power is expressly granted by agreement between the parties,
either for the purposes of a particular case, or generally"[47].
Man mag darüber spekulieren, warum nicht auch mit Deutschland,
wie es in der Nachkriegsliteratur im Sinne der Rechtssicherheit erhofft
– oder gar erwartet - wurde[48],
ein Friedensvertrag nach dem Vorbild Italiens geschlossen wurde, der jeden
Zweifel an der Rechtsgrundlage alliierten Handelns hätte beseitigen können.
In einem solchen Vertrag hätte angesichts der Erwerbspraktiken besonders
von Deutschen in den besetzten Gebieten[49]
ein gegenüber den bisherigen Friedensverträgen sehr viel weitreichenderer
Restitutionstatbestand niedergelegt werden können. Die Suche nach einer
völkerrechtlich akzeptablen Rechtsgrundlage für die Vielzahl der in Deutschland
gerade bei Privatpersonen restituierten Güter wird durch die Abwesenheit
eines Friedensvertrags jedenfalls nicht erleichtert.
5. Die Londoner Erklärung und Internationales Privatrecht
5.1 Anwendbarkeit des IPR in Restitutionsfragen
Kann ein völkerrechtlicher Restitutionstatbestand außerhalb
der HLKO nicht festgestellt werden, so ist damit freilich noch nichts über
die völkerrechtliche Zulässigkeit der in der Londoner Erklärung aufgestellten
Tatbestände gesagt. Auch wenn keine über die HLKO hinausgehende Restitutionsregelung
feststellbar ist, verbleibt, da die Frage der Rückgabe von Eigentum zivilrechtlichen
Charakters ist, der Rückgriff auf das Internationale Privatrecht. Hiernach
kommen die zivilrechtlichen Regelungen des Staates, von dessen Boden der
Gegenstand entfernt wurde, zur Anwendung. Maßgebliches Recht ist entsprechend
der Resolution 7 der Londoner International Law Conference 1943 "the law
of the occupied country as applied by the reconstituted authorities after
the liberation of the country"[50].
So kann es als gesichert angesehen werden, daß Drohung, Gewalt
und Zwang im Zivilrecht der besetzten Staaten einen privatrechtlich gültigen
Titel nicht entstehen ließen, so daß das Fortbestehen des Eigentums zu
einem Herausgabeanspruch gegenüber dem Erwerber führte. Gleiches sieht
die Londoner Erklärung vor: Wenn von "Übertragungen oder Veräußerungen
unter der Form (...) scheinbar gesetzmäßiger Geschäfte (...), und selbst,
falls es angegeben wird, daß die besagten Übertragungen oder Veräußerungen
ohne jeden Zwang getätigt worden sind" die Rede ist, so kann dies nur
bedeuten, daß tatsächlich eben doch Zwang ausgeübt wurde[51].
Freilich handelt es sich bei Herausgabeansprüchen, die auf internationales
Privatrecht gestützt sind, nicht um völkerrechtliche Restitutionen im
Sinne der HLKO oder des angeführten Völkervertragsrechts. Für die Rechtmäßigkeit
der angekündigten oder vorgenommenen Rückführungen von aus dem besetzten
Gebiet erworbenen Gegenständen spielt es indes keine Rolle, wie diese
bezeichnet wurden. Entscheidend ist nur das Bestehen eines Anspruchs auf
der Seite, die von den Rückführungen profitierte.
Die Einbeziehung der in der Londoner Erklärung benannten "Schein-Rechtsgeschäfte"
in den von den Alliierten und Teilen der deutschen Literatur als selbstverständlich
angenommenen völkerrechtlichen Restitutionstatbestand[52]
fand in Deutschland – bei aller Kritik an der schließlichen Praxis –
weitgehend Zustimmung. Nach den Worten von Adolf Arndt[53]
ist "[d]ie Anwendung von Gewalt oder Zwang (...) nach dem gegenwärtigen
Völkerrecht nicht nur dahin zu verstehen, daß es sich um Wegnahme unter
Anwendung von physischer Kraft handeln muß, vielmehr wird im modernen
Kriege auch der mittelbare Zwang als ausreichend angesehen werden müssen.
Die neue Auslegung des Begriffs Zwang war der Sinn der Londoner Erklärung
der Alliierten vom 5. l. 43, die das Völkerrecht einseitig weder abändern
konnte noch wollte, sondern den Vorbehalt zum Ausdruck brachte, daß die
Alliierten solche Handlungen für nichtig erklären würden, bei denen
"Enteignungsmethoden" zu Anwendung gekommen sind. Damit ist gesagt, daß
es für die Auslegung des völkerrechtlichen Begriffs Zwang nicht auf die
Form sondern allein auf die Sache ankommt, mithin als zwangsweise Entfernung
eines Gegenstandes aus dem besetzten Gebiet auch die Besitzergreifung unter
dem Schein eines Vertrages angesehen werden kann". Nach Auffassung von
Langen
und Sauer[54]
berücksichtigt die Deklaration von 1943 "zum erstenmal im Völkerrecht
die neue Entwicklung, wonach die Regierungen gelernt haben, unter der Maske
privatwirtschaftlicher und privatrechtlicher Maßnahmen Krieg zu führen.
Infolgedessen wird die private Rechtssphäre damit belastet, derartige
maskierte Räuber zu kennzeichnen und aus ihrem Gebiete zu verweisen. Hierbei
muß, um das höhere Gut eines friedlichen und gesicherten privaten Eigentums
zu erhalten, notfalls mit Schärfe vorgegangen werden."
5.2 Annahme von Gewalt oder Zwang - Beweislastfragen
So sehr jedoch Einigkeit über das Grundprinzip der Restitution
i.S.d. Londoner Erklärung besteht, so unterschiedlich sind die Meinungen
darüber, wer die Umstände, unter denen der Erwerb einer Sache in den
besetzten Gebieten zustande kam, zu beweisen hat. Ihrem Wortlaut nach ("und
selbst, falls es angegeben wird...") enthält die Londoner Erklärung eine
gewisse Vermutung gegen die Annahme freiwilliger Übertragungen[55].
Die Praxis der Besatzungsmächte in dieser Hinsicht ist weitgehend dokumentiert[56]
und soll hier nur kurz zusammengefaßt werden.
1. Im Regelfall wurde das Vorliegen von Gewalt und Zwang
hinsichtlich des Erwerbs des aus den besetzten Gebieten stammenden Gegenstandes
unterstellt. Der deutsche Erwerber mußte beweisen (wenn überhaupt der
Beweisantritt zugelassen wurde), daß der Erwerb ohne Druckmittel zustandegekommen
ist (Umkehr der Beweislast). Darüberhinaus wurden sog. "Compulsory Lists"
aufgestellt, in denen Firmen im besetzten Gebiet aufgeführt waren, deren
sämtliche Lieferungen ohne Zulässigkeit eines Gegenbeweises als erzwungen
angesehen wurden sowie umgekehrt deutsche Firmen, deren Bezüge ohne weiteres
als Raubgut gelten sollten[57].
2. Es wurden Tatbestände aufgeführt, bei denen ausnahmsweise keine
Restitutionspflicht angenommen wurde. Wichtigste Ausnahme war der Fall,
daß der Gegenstand aufgrund "normaler Handelsbeziehungen" erworben wurde
(Handelsbeziehungen schon vor der Besatzungszeit)[58].
Insbesondere in der Frage, wer die Beweislast in Restitutionsfragen
zu tragen hatte, wurde das Vorgehen der Alliierten scharf kritisiert[59].
In der Tat wird es kaum ein Zivilrecht der Welt – erst recht keine völkerrechtliche
Bestimmung - geben, in der der Erwerber einer Sache beweisen muß, daß
er sie ohne Gewalt oder Zwang erworben hat. Man wird daher mit einiger
Berechtigung sagen können, daß die in Punkt eins genannten Grundsätze
nicht mit denen des Internationalen Privatrechts übereinstimmen. Auf rechtliche
Bedenken stößt auch Punkt zwei. Die Bedingung des Bestehens einer Handelsbeziehung
schon vor der Besatzungszeit läuft praktisch auf die Erklärung des Handelsverbots
der Besatzungsmacht auf dem besetzten Gebiet hinaus. Einen solchen Grundsatz
jedoch "suchte", wie oben zitiert, das Militärgericht VI der USA[60]
"vergeblich".
Allerdings, und auch dies wird von deutscher Seite zugestanden,
ist die Frage von Gewalt und Zwang in einem "totalen" Wirtschaftskrieg,
wie es der Zweite Weltkrieg war[61],
mit dem "normalen" bürgerlichen Recht des betroffenen Staats möglicherweise
nicht zufriedenstellend zu lösen[62].
Denn - anders als in Friedenszeiten - mag die Grundannahme, ein Rechtsgeschäft
sei ohne die Verwendung von Gewalt oder Zwang zustandegekommen, im Hinblick
auf die Methoden deutscher "Handeltreibender", wegen derer die Alliierten
sich schließlich zu einer einhaltgebietenden Erklärung genötigt sahen,
nicht so ohne weiteres angemessen sein. Aus diesem Blickwinkel betrachtet,
könnte in der regelmäßigen Annahme von Gewalt oder Zwang bei Rechtsgeschäften
von Deutschen im besetzten Gebiet lediglich eine an die Rechtswirklichkeit
angepaßte und damit gerechtfertigte Neubewertung der Beweislast für die
Zeit der Besetzung gesehen werden. In der Tendenz wird eine solche "angepaßte
Neubewertung" auch in der deutschen Literatur nicht grundsätzlich abgelehnt.
Langen
und Sauer, welche eindeutig das internationale Privatrecht als maßgebend
für Restitutionsfragen ansehen, schreiben: "Uns scheint, daß man zum
Schutze der Bewohner eines besetzten Gebietes weitergehen und in bestimmten
Fällen mit einer Vermutung für Zwang arbeiten muß"[63].
Nach ihrer Meinung sollte aber der Beweis, daß der Erwerb zu einem gerechten
Preis erfolgte, die Beweislast wieder umkehren[64].
Auch Wilmanns ist der Auffassung, daß gegen ein Vorgehen im Sinne
des italienischen Friedensvertrags, nach dem die Pflicht der Identifizierung
beim Anspruch stellenden Staat und der Beweis der Rechtmäßigkeit des
Rechtsgeschäfts auf Seiten Italiens liegt, "im Grundsatz wohl noch Einwände
formeller, nicht aber materieller Gerechtigkeit geltend gemacht werden"
könnten[65].
Es ist jedoch zu fragen, ob eine generelle Beweislastumkehr für jedes
Rechtsgeschäft eines jeden Deutschen in den besetzten Gebieten nicht weit
an der Rechtswirklichkeit, wegen derer sie ja eingeführt wurde, vorbei
geht. Sollte dies der Fall sein, so fehlte dieser ohnehin rechtlich ungesicherten
Abänderung des zivilrechtlichen Grundsatzes, daß derjenige, der einen
Anspruch geltend macht, auch die für ihn günstigen Umstände beweisen
muß, jede Grundlage.
Einzugehen ist daher auf die einzelnen Begründungen der Alliierten
für die Beweislastumkehr. Basis für diese Umkehr der Beweislast war die
Behauptung eines ständigen "kollektiven Zwanges" der Bewohner in den besetzten
Gebieten, für den allerdings unterschiedliche Ursachen genannt wurden[66].
Kollektiver Zwang sei anzunehmen, weil
1. die Präsenz und das Auftreten deutschen Militärs einen
solchen Druck auf die Bevölkerung ausgeübt hätten, daß Geschäfte mit
Deutschen grundsätzlich als unter Zwang abgeschlossen angesehen werden
müßten.
2. sich der wirtschaftliche Zustand des besetzten Gebietes infolge der
Besatzung rapide verschlechterte.
3. die Geschäfte aufgrund der Besatzung mit abgewertetem Geld getätigt
wurden.
Insbesondere die in Punkt zwei und drei vorgebrachten Begründungen
wurden in der deutschen Literatur einhellig abgelehnt.
Wirtschaftliche Schäden und Währungsschäden seien solche
Schäden, die dem Staat als Ganzem zugefügt würden und für die er bei
Abwicklung der Kriegsschäden Schadensersatz in Form von Reparationszahlungen
verlangen könnte. Würde eine Zwangslage des einzelnen aufgrund solcher
Umstände anerkannt werden, würde jedes Rechtsgeschäft im besetzten Gebiet
als Zwangsgeschäft angesehen werden müssen, was schließlich zu einer
Lahmlegung jedes Rechtsverkehrs führen würde[67].
Weber[68]
beleuchtet diese Frage in Auslegung der Begriffe "Gewalt" und "Zwang" in
einem Rechtsgeschäft. Danach muß Zwang oder Gewalt in einem Rechtsgeschäft
zumindest mit demjenigen in Verbindung stehen, mit dem das Rechtsgeschäft
geschlossen wurde. Der Verkäufer selbst muß fürchten, daß ihm, wenn
er das Rechtsgeschäft nicht tätigt, ein Übel zugefügt wird, das mit
dem Käufer in Verbindung steht, so
daß er nicht
frei wählen kann,
ob er den
Vertrag schließen will
oder nicht.
Sollen die Begriffe "Gewalt" und "Zwang" nicht sinnentleert
und als bloße Schlagworte für nahezu selbstverständlich mit dem Krieg
einhergehende Schwächung von Wirtschaft und Währung verwendet werden
(für die schließlich Reparationen zu leisten sind), so geht an der Auslegung
Webers kaum ein Weg vorbei. Wirtschafts- und Währungsschäden sind keine
tauglichen Anhaltspunkte für das Vorliegen von Zwang in privaten Rechtsgeschäften.
Der Oberste Gerichtshof von Manila hatte in einem Urteil vom 9.4.1948[69]
festgestellt, daß die in Zusammenhang mit einer Besetzung eintretende
Verschlechterung der Währung keinen Einfluß auf die Gültigkeit von Verträgen
hat, bei denen mit Geld in verschlechterter Währung bezahlt wurde.
Weniger leicht von der Hand zu weisen ist indes Punkt eins
der Alliierten Begründung des Kollektivzwangs. Denn es erscheint durchaus
vorstellbar, daß deutsche Käufer auf die Verkäufer im besetzten Land
einen Druck dahingehend ausübten, daß letztere fürchten mußten, bei
Nichtverkauf Repressalien seitens der Besatzungsmacht ausgesetzt zu sein,
so daß Käufer und Zwang in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Dies
gilt insbesondere für Angehörige von Volksgruppen, die wegen ihrer Rasse
oder Nationalität Verfolgungen ausgesetzt waren (wie beispielsweise Juden
und Polen), was auch in der deutschen Literatur Anerkennung findet[70].
Zweifelhaft erscheint aber, ob gleiches so allgemein etwa auch für Holländer
oder Franzosen gelten kann. Dennoch war es nach Aussage des vielzitierten
Militärgouverneurs Clay[71]
gerade Frankreich, welches die generelle Rückgabe aller Gegenstände forderte,
die aus den seinerzeit besetzten Gebieten nach Deutschland verbracht wurden,
auch soweit sie nicht gewaltsam oder unter Druck entfernt worden waren.
Solches Vorgehen steht jedoch klar in Widerspruch zu Art. 46 HLKO. Denn
ist davon auszugehen, daß der Handel in besetzten Gebieten nicht grundsätzlich
verboten war (s.o.), so hatte der deutsche Käufer, sofern er nicht Zwang
auf den Verkäufer ausübte, Eigentum an dem gekauften Gegenstand erworben.
Die Rückforderung stellt folglich einen rechtswidrigen Eingriff in Privateigentum
dar.
Wie sich daraus ersehen läßt, bedarf die Frage, ob eine Umkehr
der Beweislast zumindest aus Gründen der materiellen Gerechtigkeit angemessen
erscheint, einer differenzierten Betrachtung. Es ist zweifelhaft genug,
ob sich privatrechtliche Grundsätze wie der der Beweislast bei Änderung
der Gesamtumstände zwangsläufig mit verändern. Möchte man dies annehmen,
so muß jedenfalls gesichert sein, daß die Änderung der Rechtsgrundsätze
auch in jedem Fall gerechtfertigt ist. Gerade hier aber mangelt es bei
der allgemeinen Umkehr der Beweislast. Es kann eben nicht so ohne weiteres
angenommen werden, daß Erwerbungen deutscher Privatleute in Holland, Frankreich
oder gar Italien[72]
unter Zwang vorgenommen wurden. Hier scheint eine Umkehr der Beweislast
unangemessen und damit unrechtmäßig.
Es kann hier nicht darum gehen, in jedem Einzelfall deutscher
Erwerbungen zu entscheiden, wer nun die Beweislast zu tragen hat. Selbstverständlich
gab es auch Fälle in den eben aufgeführten Ländern, in denen von privater
oder öffentlicher Seite direkt oder indirekt Druck ausgeübt wurde. Auch
steht außer Zweifel, daß der Schutz der Eigentumsinteressen der Angehörigen
der überfallenen Staaten ein rechtlich nicht zu beanstandendes Motiv für
die Handlungen der Alliierten Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg
darstellt. Dennoch sind gewisse rechtliche Rahmenbedingungen auch hierbei
zu beachten, soll nicht uneingeschränktes "Siegerrecht"[73]
neues Unrecht schaffen. Die gerechte Verteilung der Beweislast stellt eine
solche Rahmenbedingung dar.
Ob die Londoner Erklärung einer differenzierten Beweislastregelung
im angeführten Sinne entgegensteht, ist trotz der Tendenz zur generellen
Umkehr der Beweislast nicht zweifelsfrei zu beantworten. Der Wortlaut "Die
gegenwärtige Warnung gilt auch, wenn solche Übertragungen oder Veräußerungen
unter der Form eines offensichtlichen Raubes oder scheinbar gesetzmäßiger
Geschäfte vorgenommen worden sind, und selbst, falls es angegeben wird,
daß die besagten Übertragungen oder Veräußerungen ohne jeden Zwang
getätigt worden sind" kann auch dahingehend verstanden werden, daß nur
die Fälle einer Beweislastumkehr unterliegen sollten, in denen "Scheingeschäfte"
anzunehmen waren. Eine derartige Regelung entspräche den oben dargestellten
Prinzipien im vollen Umfange.
5.3 Gutgläubiger Erwerb
Der Frage, ob gutgläubiger Erwerb an Gegenständen, die unter
Gewalt oder Zwang aus dem besetzten Gebiet entfernt wurden, möglich ist,
wird in der deutschen Nachkriegsliteratur kaum Beachtung geschenkt. Umstritten
war vielmehr, ob der gutgläubige Erwerber für den Fall, daß die erworbene
Sache von den Besatzungsbehörden restituiert wurde, Ansprüche gegen den
Veräußerer wegen Rechtsmangels hat[74].
Dies mag an der Selbstverständlichkeit liegen, mit der die Alliierten
alle aus ihrer Sicht unrechtmäßig aus den ehemals besetzten Gebieten
entfernten Güter unabhängig von den Erwerbsumständen des letzten Besitzers
einzogen. Praktisch relevant, weil vor deutschen Gerichten verhandelbar,
war folglich nur noch die Frage der Rückgriffsansprüche gegen den Vorbesitzer.
Dennoch gibt es auch vereinzelte Stellungnahmen zum gutgläubigen
Erwerb selbst, soweit es sich um völkerrechtliche Restitutionsansprüche
handelt. Hier vertreten Arndt und Weber die Ansicht, daß
gutgläubiger Erwerb restitutionspflichtiger Gegenstände nicht möglich
ist. Weber begründet dies mit dem Schutzzweck der Normen der HLKO
sowie dem Primat des Völkerrechts über das nationale Recht[75],
Arndt
aus dem Gedanken heraus, "daß die kriegerische Besetzung (occupatio bellica)
(...) nicht dauernde Rechtsänderungen bewirken kann, sondern alle ihre
Folgen lediglich vorübergehender Art sind"[76].
Er verweist schließlich auf die im Grundsatz gleichlautende Bestimmung
in den verschiedenen Friedensverträgen, u.a. mit Italien (Art. 75) und
Rumänien (Art. 23), in denen unter Zwang oder Gewalt entfernte Gegenstände
unabhängig von späteren Transaktionen als rückgabepflichtig erachtet
werden[77].
Ob gleiches auch für Herausgabeansprüche nach dem internationalen
Privatrecht gilt, scheint indes zweifelhaft. Konsequenterweise müßte
man annehmen, daß sich die Frage des gutgläubigen Erwerbs nach dem Recht
des Veräußerungsorts richtet, d.h. gutgläubiger Erwerb grundsätzlich
möglich ist. Dagegen bestimmt die bereits angesprochene Resolution 7 der
Londoner International Law Conference sinngemäß, daß an Sachen, welche
von Angehörigen einer Besatzungsmacht nach dem Recht des besetzten Staates
unrechtmäßig erworben wurden, auch nicht gutgläubig Eigentum erworben
werden kann[78].
Ob diese Regelung völkerrechtlich bindend ist, soll offen bleiben. Jedenfalls
dient auch sie, ähnlich wie die partielle Umkehr der Beweislast im oben
dargestellten Sinne, den Grundsätzen materieller Gerechtigkeit, d.h. dem
anerkennenswerten Schutzbedürfnis der vielzähligen Opfer von Zwangsgeschäften.
6. Schlußfolgerungen
Die Londoner Erklärung der Alliierten vom 5.1.1943 hat in
Rechtskreisen mehr Verwirrung denn Klarheit gestiftet. Die Vielfältigkeit
ihrer Interpretationsmöglichkeiten spiegelt sich deutlich in den Widersprüchlichkeiten
der alliierten Besatzungspolitik, angefangen mit mißverständlicher, in
nahezu jeder Zone unterschiedlicher Gesetzgebung, welche abermals eine
Reihe unterschiedlichster Interpretationen nach sich zog, bis hin zur uneinheitlichen
Restitutionspraxis, wider. Der deutschen Rechtsliteratur wiederum, angetreten,
um Licht ins rechtliche Dunkel alliierter Verhaltensweisen zu bringen,
gelingt es nicht, die Londoner Erklärung in bestehende Rechtskategorien
einzuordnen. So bleibt die Begründung eines völkerrechtlichen Restitutionstatbestands,
soweit geschehen, eher diffus belegt und kommt über die bloße Behauptung
kaum hinaus. Es scheint so, als diene die Formel "völkerrechtlich allgemein
anerkannt" nur zur Überdeckung dieser Begründungsschwierigkeiten. Nur
selten klingt an, daß es sich bei der Frage nach Restitutionen in Deutschland
nach dem Zweiten Weltkrieg um einen völkerrechtlichen Präzedenzfall handelt.
Restitutionen waren bisher vom Sieger dem Besiegten vertraglich auferlegt
worden. Zuvor waren es (außerhalb von Eroberungen) meist die im Krieg
siegreichen Staaten, die die Frage der Wiedergutmachung selbst in die Hand
nahmen, zumal mit dem Anspruch, hierbei Völkerrecht zu verwirklichen.
In einer Frage besteht, abseits von allen sonstigen rechtlichen
und begrifflichen Unklarheiten, innerhalb der deutschen Literatur Einigkeit:
Es gibt keinerlei rechtliche Grundlage, weder im Völker- noch im Privatrecht,
für die Annahme, daß in den besetzten Gebieten erstandene Güter unabhängig
von ihren Erwerbsumständen in jedem Fall zurückgegeben werden müßten.
Solches sieht auch keine alliierte Vorschrift, auch nicht die Londoner
Erklärung vor. Vorgelegen haben muß vielmehr eine Besitzentziehung unter
Zwangseinwirkung (Drohung oder Gewalt).
Darüberhinaus ist, wie dargelegt, mit der Umkehr der Beweislast
zulasten des deutschen Erwerbers sehr vorsichtig umzugehen. Denn eine derartige
Umkehr entspricht weder völkerrechtlichen noch zivilrechtlichen Grundsätzen
und ist lediglich unter dem Aspekt materieller Gerechtigkeit in bestimmten
Fällen als zulässig zu erachten.
Die Grundsätze der Londoner Erklärung widersprechen dem nicht.
Aus heutiger Sichtweise und im Hinblick insbesondere auf die mit den ehemals
mit dem Deutschen Reich im Krieg verbündeten Staaten geschlossenen Friedensverträge,
erscheint die Erklärung mehr ein Memorandum darüber, was die Alliierten
im Falle des Sieges zu tun beabsichtigten, als ein völkerrechtlich wirksames
Rechtsdokument zu sein. Es wird ernsthaft auch keine Staatengemeinschaft
verlangen können, ein von ihr einseitig formuliertes Rechtsdokument sei
unmittelbar als geltendes Völkerrecht zu behandeln, es sei denn, es enthielte
bereits bestehendes Völkerrecht.
Es gilt zum Schluß festzuhalten, daß die Frage der Restitutionen
zu keinem Zeitpunkt bisher Eingang in eine zufriedenstellende rechtswissenschaftliche
Debatte gefunden hat. So bleiben bis heute aktuelle Fragen über das rechtliche
Schicksal erheblicher aus Deutschland ausgeführter Vermögenswerte nach
wie vor unbeachtet. Die vorliegenden Überlegungen sollen ein kleiner Beitrag
zur Lösung der nach wie vor offenen Fragen sein.
Summary
The Allied (London) Declaration
of January 5, 1943: Content, Interpretation and Legal Nature in the Post-War
Discussion
The article examines the signification of the London Declaration of
1943 for private transactions in countries occupied by Germany or her allies
and tries to answer the question whether the London Declaration is in harmony
with the relevant principles of public international and of private law.
The public international law institute of restitution which has its
basis in the Hague Rules of Land Warfare and the practice of States as
expressed in a number of peace treaties presupposes a unilateral act of
the occupying power (sequestration, seizure, confiscation), whereas the
London Declaration also includes private dealings based on private law
ruled contracts. Of particular importance in this respect is the reservation
made in article 3 of the London Declaration to declare invalid any transfer
of property or other rights situated in the occupied territories. Here,
two questions arise: is this reservation absolute or does it concern only
transactions apparently legal in form, but in truth based on force or duress,
and does it further exclude bona fide acquisition of objects originating
in the occupied countries?
With regard to the first question, the allied practice in occupied
Germany had changed. Whereas in the first time the obligation of restitution
concerned all objects coming from occupied territories, the restitution
was finally restricted to objects acquired under force or duress. Only
this restricted use of the principle of restitution was in accordance with
the text of the London Declaration and public international law principles
as expressed in State practice. Moreover, Art. 53 of the Hague Rules considers
legally confiscated objects not as "loot" that has to be restituted.
Considering the second question the author remarks that the London
Declaration also excludes bona fide acquisition of objects originating
in the occupied countries.
The legal nature of the London Declaration and its signification in
public international law are unsettled. In any case it has only declaratory
character and didn't change public international law principles. Inasmuch
as it embraces dealings of private persons, it is not supported by customary
public international law. Moreover, a peace treaty with Germany does not
exist.
Apart from public international law the London Declaration has also
significance for the title of property in private law. This question is
regulated by ,,the law of the occupied country as applied by the reconstituted
authorities after the liberation of the country" (Resolution 7 of the London
International Law Conference 1943). Force or duress exclude in the private
law of the occupied countries the acquisition of property. The problem
was the evidence of force or duress and the burden of proof.
Regularly, the presumption of force or duress took place and the burden
of proof was reversed. The counter-evidence required the existence of "normal
commercial relations" before the outbreak of the war. This was a very controversial
point of the Allied practice of restitution in Germany. The arguments pro
and contra a reversion of the burden of proof are discussed in the article.
The author concludes that the presumption was certainly justified in the
case of Jews, but that it could not be generalized for all cases of transactions.
The author agrees nevertheless with the exclusion of bona fide
acquisition which he considers necessary for the protection of the victims
of transactions under force or duress.
The article concludes with sceptical remarks about the legal signification
and the content of the London Declaration which could finally not satisfactorily
clarify the question of restitution.
[1]
Erklärung mit amtlicher Übersetzung aus G. Schmoller/ H. Maier/ A.
Tobler
, Handbuch des Besatzungsrechts 1957, § 52, S. 5 f. Vgl. auch
den Text in: W. Fiedler
(Hrsg.), Internationaler Kulturgüterschutz
und deutsche Frage, 1991, S. 282 f. Herrn Gerichtsreferendar Alexander
Schupp
möchte ich für wichtige Vorarbeiten zu diesem Beitrag danken.
[2]
Für die US-Zone vgl. H. Weber, Die völkerrechtlichen Restitutionen,
Diss. München 1949, S. 84 ff.
[3]
So wurden im Pariser Louvre erst kürzlich acht Gemälde entdeckt, die
seit dem Ende des zweiten Weltkrieges auf der Verlustliste des “Von-der-Heydt-Museums”
in Wuppertal stehen. Die Gemälde wurden während des Krieges vom damaligen
Direktor des Museums in französischen Galerien und Privatsammlungen erworben,
nach dem Kriege aber von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt
und nach Paris gebracht. Das Herausgabeverlangen des “Von-der-Heydt-Museums”
wurde von französischer Seite mit der Begründung abgelehnt, die Bilder
seien aufgrund der Londoner Erklärung rechtmäßig eingezogen worden und
des weiteren bestehe der Verdacht, daß die Verkäufe damals unter Druck
zustandegekommen seien. (Quelle: Art, Das Kunstmagazin, Ausgabe Nr. 3,
März 1998).
[4]
Unter weitestgehendem Verzicht auf spätere Literatur.
[5]
Dazu eingehend schon H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 13 ff.; allgemein
W.
Fiedler
, Zur Entwicklung des Völkergewohnheitsrechts im Bereich des
internationalen Kulturgüterschutzes, in: Festschrift für Doehring, 1989,
S. 199 ff.
[6]
Vgl. H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 15 ff.; zum Text vgl. statt anderer
W.
Fiedler
a.a.O. (Anm. 1), S. 250 ff.
[7]
Vgl. H. Weber
a.a.O. (Anm. 2 ), S. 28; G. Schmoller/ H. Maier/
A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1), S. 3.
[8]H.
Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 35 ff., 38.
[9]
Abgedruckt in G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1),
S. 23
[10]
Vgl. auch G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1), S.
9 ff.
[11]
So insbesondere E. Kaufmann, Die völkerrechtlichen Grundlagen und
Grenzen der Restitution, AöR 75 (36 N.F.) (1949), S. 1 ff.
[12]
Vgl. E. Langen/ E. Sauer, Die Restitution im internationalen Recht,
1949; H. Weber
a.a.O. (Anm. 2).
[13]E.
Langen/ E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 5.
[14]
Z.B. hinsichtlich der amerikanischen Restitutionspolitik von H. Weber
a.a.O.
(Anm. 2), S. 84 ff.
[15]L.D.
Clay
, Entscheidung in Deutschland, 1950, S. 341 ff.
[16]H.
Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 86.
[17]H.
Dabelstein
, Restitutionen und Rechtsmangelhaftung, Der Betriebs-Berater
(1949), S. 22, 23; H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 86 ff.
[18]
Quellen: E. Kaufmann
a.a.O. (Anm. 11), S. 1 ff., 4; W. Wilmanns
,
Restitutionen, Hamburg 1947, S. 17; G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O.
(Anm. 1), S. 23 (Anlage I)
[19]W.
Wilmanns
ebd., S. 19, deutet an, daß Klarheit hinsichtlich der Restitutionsvoraussetzungen
möglicherweise nicht einmal gewollt war.
[20]
Es wird überwiegend ganz selbstverständlich von der zweiten Auslegungsmöglichkeit
ausgegangen. Vgl. E. Kaufmann a.a.O. (Anm. 11), S. 4 ff; G. Schmoller/
H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1),
S. 6; A. Arndt
, Anmerkung zu OLG Hamburg vom 3.2.48, Süddeutsche
Juristenzeitung 1948, Sp. 323 ff., 324. Eingehender dagegen H. Weber
a.a.O.(Anm.
2), S. 37 f.
[21]L.H.
Woolsey
, The Forced Transfer of Property in Enemy Occupied Territories,
AJIL 37 (1943) S. 282 ff., 283.
[22]H.
Dabelstein
a.a.O. (Anm. 17), S. 22.
[23]
Zitiert nach E. Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 12 und 20.
[24]
Auch wiedergegeben in G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm.
1), S. 17.
[25]
a.a.O. (Anm. 2), S. 37 f.
[26]W.
Wilmanns
a.a.O. (Anm. 18), S. 7.
[27]
Vgl. zum Text W. Wilmanns
a.a.O. S. 7 f.
[28]H.
Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 39.
[29]W.
G. Downey, Captured Enemy Property: Booty of War and Seized Enemy Property,
AJIL 44 (1950), S. 488 ff., 503.
[30]
Vgl. H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 61 ff.
[31]W.
G. Downey
a.a.O. (Anm. 29).
[32]
Zitiert nach H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 40.
[33]L.H.
Woolsey
a.a.O. (Anm. 21), S. 282.
[34]G.
Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1), S. 6.
[35]W.
Wilmanns
a.a.O. (Anm. 18), S. 6.
[36]L.
H. Woolsey
a.a.O. (Anm. 21), S. 282.
[37]W.
Wilmanns
a.a.O. (Anm. 18), S. 7.
[38]E.
Kaufmann
a.a.O. (Anm.11), S. 2; ders., Deutschlands Rechtslage
unter der Besatzung, Stuttgart 1948, S. 64.
[39]G.
Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1), S. 6 f.
[40]W.
G. Downey
a.a.O. (Anm. 29), S. 502 f.
[41]J.
Robinson,
Transfer of Property in Enemy Occupied Territory, AJIL 39.
(1945), S. 216 ff., 229.
[42]
Zitiert nach E. Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 12.
[43]
Eine umfassende Darstellung findet sich bei J. Robinson
a.a.O. (Anm.
41), S. 216 ff.
[44]
Eine Tendenz hierzu läßt sich den Ausführungen von A. Arndt
a.a.O.
(Anm. 20), Sp. 323 entnehmen, demzufolge sich die (völkerrechtlichen)
Restitutionen aus der modernen Beschränkung des Besatzungsrechts, wie
sie in der HLKO kodifiziert ist, ergeben.
[45]
Auf diesen Umstand verweist H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 45 f.
[46]
So auch H. Weber ebd., S. 45 f.
[47]D.W.
Greig
, International Law, 2
nd Ed. 1976, S. 606.
[48]
Vgl. W. Wilmanns
a.a.O. (Anm. 18), S. 8.
[49]
Eindrucksvoll hierzu J. Robinson
a.a.O. (Anm. 41), S. 219 ff.
[50]
Zitiert nach E. Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 20.
[51]
Vgl. auch H. Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 37 f.
[52]
Für die deutsche Lit. vgl. nur G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O.
(Anm. 1), S. 17 ff.
[53]A.
Arndt
, a.a.O. (Anm. 20), Sp. 324.
[54]E.
Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 28.
[55]
Hierauf weisen mit Recht E. Langen/E. Sauer
ebd., S. 14, hin.
[56]
Ausführlich in G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1),
S. 9 ff.
[57]E.
Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 15; G. Schmoller/ H. Maier/
A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1), S. 10 berichten davon, daß diese Listen
später wieder abgeschafft wurden.
[58]
Zu den weiteren Ausnahmen vgl. G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler ebd.,
S. 10.
[59]G.
Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
ebd., S. 17 ff.
[60]
Zitiert nach E. Langen/E. Sauer
ebd., S. 12 und 20; s. oben unter
2 a.
[61]
Es sei noch einmal auf die Darstellung deutschen Vorgehens in den besetzten
Staaten bei J. Robinson
a.a.O. (Anm. 41), hingewiesen.
[62]
Zu dieser Einschätzung tendieren E. Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm.
12), S. 21.
[63]E.
Langen/E. Sauer
ebd., S. 21.
[64]E.
Langen/E. Sauer
ebd., S. 22, berufen sich hierbei auf ein von Mezger
(Französisches Rückerstattungsrecht, 1948, S. 35) mitgeteiltes Urteil
des Appellationsgerichts Paris vom 7. 12. 46.
[65]W.
Wilmanns
a.a.O. (Anm. 18), S. 16.
[66]
Zusammenstellung aus G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm.
1), S. 18, A. Arndt
a.a.O. (Anm. 20), Sp. 325, E. Kaufmann,
Deutschlands Rechtslage unter der Besatzung, 1948, S. 72 f.
[67]
Vgl. insbesondere A. Arndt
a.a.O. (Anm. 20), Sp. 325.
[68]
Ebd, S. 100.
[69]
NJW 1951, S. 125.
[70]
Vgl. nur A. Arndt
a.a.O. (Anm. 20), Sp. 324 f.
[71]
a.a.O. S. 341.
[72]Ludwig
Engstler, Die territoriale Bindung von Kulturgütern im Rahmen des
Völkerrechts, Köln, 1964, S. 151 f., berichtet von der Restitution eines
Gemäldes, das 1941 in dem damals verbündeten Italien – also bar jeglicher
Besatzung – vom Deutschen Reich gekauft wurde, nachdem es zuvor auf verschiedenen
Kunstauktionen keinen Käufer gefunden hatte.
[73]
Oder "Recht des Stärkeren", wie es vielfach hieß; vgl. W. Wilmanns
a.a.O.
(Anm. 18), S. 16.
[74]
Vgl. OLG Hamburg, SJZ 1948, Sp. 320 ff.; A. Arndt a.a.O. (Anm. 20),
Sp. 324; G. Schmoller/ H. Maier/ A. Tobler
a.a.O. (Anm. 1), S. 22
f. m.w.N.
[75]H.
Weber
a.a.O. (Anm. 2), S. 55 ff.
[76]A.
Arndt
a.a.O. (Anm. 20), Sp. 323.
[77]
Textauszug aus dem ital. Friedensvertrag bei A. Arndt
a.a.O. (Anm.
20), Sp. 323 f.
[78]
Vgl. Originaltext bei E. Langen/E. Sauer
a.a.O. (Anm. 12), S. 20.
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